Tag 5: Ao Maya, Ko Phi Phi Leh

Wir wachten gegen 7:00 Uhr morgens auf, frühstückten und beschlossen, mit dem Taxiboot die Nachbarinsel von Ko Phi Phi Don – Ko Phi Phi Leh – zu besichtigen. Ko Phi Phi Leh ist kaum bewohnbar und besteht hauptsächlich aus durch winzige Landzungen verbundene Felsen, die aus dem Wasser ragen. Die Insel hat jedoch zwei Besonderheiten: Einerseits hat sie nach außen hin ein markantes Erscheinungsbild (sie sieht ein wenig aus wie eine Krone, die im Wasser liegt), andererseits gibt es eine Bucht, Ao Maya, die von Ko Phi Phi Don aus nicht einzusehen und fast zur Gänze von Felsen umgeben ist. Die Abgeschiedenheit dieser Bucht, gestützt durch den Status der Insel eines Nationalparks, verspricht paradiesische Eindrücke unberührter Natur.

Ko Phi Phi Leh

Die Fahrt vom Hafen in Ko Phi Phi Don nach Ao Maya auf Ko Phi Phi Leh dauert knappe 30 Minuten. Solange sich das Boot im Bereich der Inseln befindet, ist die Fahrt angenehm und ruhig, verlässt man die nähere Umgebung einer Insel, kämpft man gegen das durch hohe Wellen und starken Wind verursachte Schaukeln des Bootes an. Wer hier Fotos machen will, muss blaue Flecken vom Geländer des Bootes in Kauf nehmen und zusehen, dass er nicht über Bord geht…

Unser Bootsführer kannte natürlich all die Besonderheiten der Insel und führte uns in westlicher Richtung an der Nordspitze der Insel vorbei. Er ließ das Boot ziemlich nach an die steile und beeindruckende Felswand von Ko Phi Phi Leh herankommen und wies uns auf vereinzelte Klippen und Riffe hin, die man vom Boot aus auf beiden Seiten gut sehen konnte.

Er nahm Kurs auf die wohl größte Attraktion der Insel, die Maya-Bucht. Ao Maya war spätestens seit der Verfilmung von Alex Garlands „The Beach“ zu einem Magneten für Thailandreisende geworden, die mit Taxi- und Speedbooten in viel zu großen Mengen angeliefert werden.

Wer den Strand betritt, wird sogleich zur Kasse gebeten, an der man 200 Baht „Benutzungs- und Reinigungsgebühr“ zu entrichten hat.

Ao Maya

Es fällt mir noch heute schwer, meine Eindrücke, die ich auf Ao Maya gesammelt habe, zu ordnen, zu verarbeiten und in Worte zu fassen. Das entsteht aus zwei gegensätzlichen Sets an Wahrnehmungen, die nicht miteinander vereinbar sind.

Auf der einen Seite gab es die Natur. Nein, ich will diesen Ort nicht „Natur“ nennen! Es gab einen paradiesisch anmutenden Strand, in dessen Hinterland ein Dschungel in bis in die hohen Felsen der Insel wucherte. Das Wasser in der Bucht war türkisgrün schimmernd, warm und klar; zu den Felsen hin wurde es blau und kühl. Am Horizont dieser Bucht waren Felsen, die meterhoch aus dem Wasser ragten, an einer Stelle gab es eine Verbindung zum offenen Meer, in der sich die Farbe des Wassers innerhalb der Bucht mit dem kräftigen und dunklen Blau des Meeres zu mischen schien. Es duftete nach Blumen, die in den zerklüfteten Felsen wuchsen und die kahle Felswand zusammen mit bunten Vögeln farblich schmückten. Egal, wo man hinsah, konnte man natürliche Perfektion sehen. Hier war man nicht in der Natur, hier war man in einer Tempelanlage, deren Architekt dem Pilger die Wucht göttlicher Macht zu verdeutlichen trachtete. Die Sinne spielten verrückt: Die Schönheit der Bucht blendete die Augen, die süßen Gerüche aus dem Dschungel verführten die Nase, der weiche Sand verwöhnte die Haut in Zusammenspiel mit dem kühlenden Wasser des Meeres.

Und dann flog ein Plastikball in dieses Bild, dem ein schreienden Kind hinterher lief. Links hinter mir, rief jemand einem Pärchen, das ich links vor mir sehen konnte zu, dass es noch ein wenig dort- und dahin rücken sollte, wenn es das perfekte Foto am Strand haben wolle. Gleich daneben stand ein Mann, der einen Hot Dog aß; Ketchup tropfte auf den Sand. Hinter ihm sonnte sich eine Gruppe von Touristen. Im Wasser ließen sich japanische Touristen in vollem Gewand von den Schwimmwesten im Meer treiben. Links vom durch eine Leine und Bojen abgegrenzten Schwimmbereich reihten sich ein Dutzend Taxiboote auf, deren Kapitäne rauchend darauf warteten, bis ihre Fahrgäste wieder zurück waren. Rechts vom Badebereich lagen unzählige Speedboote vor Anker und blockierten die Sicht auf die Bucht. Der Dschungel wurde im südlichen Teil der Bucht gerodet; dort gibt es jetzt Toilettenanlagen und einen Imbissladen. Ausgetretene und im Disneyland-Stil von durch in die Erde gehauene und mit dickem Seil verbundene Pflöcke markierte Wege führen zur Ostseite der Insel und an einer Campingzone und einer Baustelle vorbei, auf der drei Rohbauten bereits fertiggestellt wurden.

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Rückfahrt

Bald schon verließen wir Ao Maya, um uns die Ostseite von Ko Phi Phi Leh näher anzusehen. Das war, im Nachhinein betrachtet, ein Fehler, denn es gibt auf der Ao Maya abgewandten Seite nicht viel zu sehen, außer zwei winzige Buchten und einer Bar, die in eine Höhle gebaut und durch eine das Auge verwirrende Konstruktion aus hunderten Brettern und Seilen befestigt wurde. Ansonsten nur Fels.

Ich signalisierte unserem Bootsfahrer, dass er wieder Kurs in Richtung Ko Phi Phi Don nehmen konnte und er folgte der Anweisung bereitwillig. Während wir Ko Phi Phi Leh hinter uns ließen, herrschte bedrückte Stille auf dem Boot. Ich konnte das auch an Bord einiger anderer Boote feststellen, die wir am Heimweg überholten. Die Rückfahrt bot den Menschen genügend Zeit, um die eben gemachten Eindrücke im Ansatz zu verarbeiten, sie bot aber auch die Zeit festzustellen, dass man einer Desillusion ausgesetzt worden war, wie sie gewaltiger nicht sein kann. Der Kontrast zwischen Erwartung und Realität ist so stark, so unendlich stark…