World Press Photo

Während ich in den letzten Jahren die Fotos des World Press Photo Contests in ihren Motiven nie wirklich ergreifend fand (wohl aber in ihrer Ausführung, in dem glücklichen Moment des Abdrückens), so stellen sich die Gewinner-Fotos des Jahres 2006 in ihrer inhaltlichen Aufbereitung völlig anders dar. Offensichtlich haben die beteiligten Fotografen (endlich) erkannt, dass sensationslustiges Geschau ein gutes Bild nicht ausmacht, sondern – und es wundert mich, dass diese Art der Fotografie lange ausgesetzt wurde, obwohl sie ja an sich schon vorhanden war – das Auffangen von Gegensätzen, das Ablichten der Sache selbst und nicht die Präsentation durch das Auge des Fotografen. Die World Press Photo-Gewinner des Jahres 2006 übertreffen meiner Meinung nach die der vorangegangenen Jahre bei weitem.

Das Gewinner-Foto von Spencer Platt erinnert doch sehr stark, wenn auch in milderer Form, an das Auftreten so mancher Touristen in Drittweltländern. Aus Erfahrung kann ich über China berichten und über Menschen, die sich mit dem Land auf eine sehr historisch-romantische Art und Weise beschäftigen, was völlig unangebracht ist. Wer mit dem iPod in der Hand durch ein Slum in Südchina spaziert und von einer sozialistischen (oder zumindest anti-kapitalistischen) Weltrevolution schwärmt, möge sich angesprochen fühlen.

Schockierend ist, wie unspektakulär die öffentliche Hinrichtung eines unter Kollaborationsverdacht Stehenden in irgendeinem dreckigen Hinterhof auf einem Schotterhaufen stattfindet und wie nebenbei das abläuft. Die Darstellung des toten Körpers eines Babys ist an Perversion kaum zu übertreffen: selbst die indirekt Betroffenen, die Sanitäter, zeigen diesen toten Menschen den Fotografen als Objekt! Ernüchternd durch seine Simplizität wirkt da fast schon diese Scharfschützen-Attacke (alle Bilder in dieser Serie ansehen!), die von der Attacke über die Verwundung eines Soldaten bis zur Rettung desselben die ganze Geschichte aufzeigt. Auch das Alltägliche des in die Prostitution gezwungenen Mädchens, der tote Blick, die Langeweile beim Rauchen der Zigarette, die lackierten Fingernägel, die triste Umgebung und die Aussichtslosigkeit, die man sogar im unbegrünten Landstück, auf dem sie sich aufhält, zu erkennen vermeint – sie geben keinerlei Hoffnung auf Besserung der Umstände. Fast als Gegenstück zu all dem Leid schwebt dieser Taucher da in seinem heilen Element Wasser, in seinem weißen Anzug, umgeben vom stillen Blau. Westliche, wohlhabende Intensität findet sich da schon in der Anspannung und Dichte des Spiels mit Licht und Schatten, sowie in der Momentaufnahme des Absprungs, in den letzten Zehntelsekunden vor der Anstrengung im Element Wasser.

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