Backofenheiße Stadt

Bislang habe ich ein einziges Mal über die Unerträglichkeit der Hitze geschrieben, obwohl in diesem Sommer schon öfter Grund dazu gewesen wäre. Diesmal ist die Sache jedoch anders gelagert. Bei Tag ist es draußen heiß und die Quecksilbersäulen klettern unaufhörlich auf die 40°C-Marke zu. In der Nacht – und hier kommt der qualitative Unterschied zu früheren Sommern – bleibt es allerdings heiß. Wer ohne Klimaanlage schlafen muss, dem bleibt nichts anderes übrig als diesen Schlaf ohne Erholung über sich ergehen zu lassen und sich am nächsten Tag von früh bis spät müde zu fühlen.

Dass man pro Tag einige Flaschen Wasser leert, wundert nicht mehr. Dass man täglich weniger isst, ebenso. Dass Cola und Kaffee nicht mehr angerührt werden, wohl auch. Die anhaltende Müdigkeit? Mittlerweile normal! Das ständige Umziehen und Gewandwaschen? Naturzustand! Schweißnasse Handys nach dem Telefonat? Alltag!

Und doch ist das Schwitzen und das andauernde Wassertrinken mit einem reinigenden Effekt verbunden, den wir in Österreich nur von andauernden Regenfällen her kennen (Äußerlichkeiten) oder durch die Osterbeichte im Stephansdom (Inneres): Fette, schwitzende Goldketterlträger, die im Schweizerhaus geboren scheinen, verlieren an Sexappeal und das Bier an Geschmack. Man besinnt sich des Beiwassers. Die abgemagerten Herren mit dem halbleeren Weinglas vor den Grätzlwirtshäusern wirken irgendwie unglücklich und starren die Gegend an, doch das Wasserglas ist auch hier gegenwärtig. Ja und selbst die Würstlstandgemeinde wirkt ein wenig wässrig, das jedoch vornehmlich durch die hohe Durchmischung des Alkohols mit Almdudler, da sie nun von Bier (pur) auf Radler und dergleichen umgestiegen ist.

Überhaupt ist das in Österreich unbeliebte Schwitzen plötzlich ein Thema, denn jeder, wirklich jeder schwitzt. Und das auch in den Öffentlichen Verkehrsmitteln: Bus, Straßen- und U-Bahn. Doch deren Klimatisierung läuft bereits in österreichischer Eilsamkeit gemütlich dahin:

  • Die U-Bahn kann mit 15 klimatisierten U-Bahn-Garnituren aufwarten. (Das ist in etwa die halbe U2.)
  • Bei den Straßenbahnen sieht es schon besser aus: 150 klimatisierte Tramways fahren demnächst in der Gegend herum. Und zwar ab Herbst!
  • Die Busse dieser Stadt bieten den Komfort eines Fünftels: Von ca. 500 aktiv im Einsatz stehenden Bussen, sind 68 klimatisiert (alte Generation) und 175 klimatisierte Busse (neue Generation) werden ausgeliefert. Von den 175 sind 25 (!) bereits im Einsatz.

Wir werden also alle noch ein wenig warten müssen, bis wir nicht mehr schweißgebadet aus der U-Bahn aussteigen werden. Freuen wir uns doch bis dahin auf die zwischenmenschlichen Kontakte, die nun viel reibungsloser verlaufen. Jedem U-Bahnfahrer sein Handtuch!

Manchmal kann es auch solche Artikel geben. Artikel, bei denen es ums Wetter geht, um Eindrücke und Leid. Der Titel dieses Artikels – „Backofenheiße Stadt“ – enstammt übrigens einer Sonntagsarabeske mit dem für diese Jahreszeit und die herrschenden Temperaturen trefflichen Titel: Hitze.