Delhi

Die Ankunft in Delhi war das größte Desaster meiner Reisegeschichte bisher. Ich habe mich zu sehr auf meine Erfahrungen aus China verlassen, die mich dazu verleiteten, mich auf die Ehrlichkeit und Erfahrung von Taxifahrern zu verlassen, die ohne viel Hintergedanken und ohnehin bei jedem Hotel Provision einsteckend jedes Hotel empfahlen, das meinem Anforderungsprofil entsprach. Nicht so in Delhi. Der Taxifahrer, der uns um 2:00 Uhr morgens am Flughafen begegnete, war einer dieser Fahrer, die mit Reisebüros Abmachungen hatten: Das Hotel, das wir ihm nannten, war natürlich geschlossen, so der Fahrer, denn es gäbe eine große Konferenz momentan in Delhi und alle Hotels seien ausgebucht. Er könne uns nur in ein Reisebüro führen (um 2:30 Uhr nachts, wohlgemerkt!), in dem man uns ein anderes Hotel finden könnte. Eine halbe Stunde später saßen wir in einem schäbigen Drechsloch an Reisebüro und unterhielten uns mit Raj [ausgesprochen: Radsch], der uns Touren in ganz Indien verkaufen wollte. Natürlich war das alles inszeniert, selbstverständlich wurde man hier übers Ohr gehauen! Wie auch immer, man hat uns ein Hotel für die erste Nacht gefunden. Am nächsten Tag, nach nur 4 Stunden Schlaf, sollten wir wieder abgeholt werden, um mit Raj alle weiteren Details unserer Reise zu besprechen. Schmeck’s, habe ich mir zu diesem Zeitpunkt bereits gedacht.

4 Stunden später in einem minderwertigen Hotel mit Fenstern aber ohne Tageslicht, wurden wir vom Rezeptionisten geweckt, der uns erklärte, dass der Fahrer bereits seit einiger Zeit auf uns wartete. Wir machten uns fertig und erledigten mit Raj einen Urlaub in Goa. Ich bin mir nicht sicher, ob es nun 300% oder 400% waren, die wir vom Normalpreis abwichen, aber das war auch egal, denn unsere Zeit in Indien war – und das war der größte Fehler – sehr begrenzt. Außerdem war für den nächsten Morgen schon ein Inlandsflug gebucht.

Nach dem Fiasko im Pseudoreisebüro hatten wir ein wenig Zeit uns Delhi anzuschauen. Die Stadt ist langweilig. Es gibt ein paar Gebäude, die es wert sind angesehen zu werden, man wird aber den Eindruck nicht los, dass es sich in Delhi um eine gigantische Ansammlung an Reisebüros handelt, die allesamt nur ein Ziel haben: Touristen zu betrügen.

Mit einer Rikscha haben wir uns den größten Teil der Stadt angesehen. In einem Coffee Day (Gott sei Dank!) haben wir endlich etwas gegessen, dort hat uns auch einer der Gäste ein weiteres Reisebüro (natürlich auch irgendein Fake) gezeigt, in dem wir dann, einfach nur, um es diesem Halsabschneider Raj zu beweisen, den weiteren Urlaub gebucht haben. Zu diesem Zeitpunkt waren zwei Dinge fix: Wir würden die erste Hälfte unseres Urlaubs in Goa verbringen, die zweite mit einer Stadttour Delhi – Jaipur – Agra ausfüllen. Zuerst Spaß, dann Kultur. Zuerst Natur, dann Architektur. Soweit so gut.

Der Leiter des zweiten Tourismuszentrums stellte uns für den Rest des Tages einen Fahrer kostenlos zur Verfügung, der uns nicht nur ein paar Sehenswürdigkeiten zeigte, sondern auch in ein sehr empfohlenes Restaurant führte. Worauf ich die ganze Zeit schon Lust hatte, das konnte ich hier in Indien endlich bestellen: ein vegetarisches Curry! Und ja, es war herrlich.

B. ging es da schon ganz anders. Sie hat das gleiche Curry, das gleiche Fladenbrot und den gleichen Reis gegessen, aber sie hat sich einen Eistee dazubestellt und nicht das Coke („…and do not open the bottle!“). Das wurde ihr zum Verhängnis, denn die auf das Essen folgende Nacht wurde binnen Stunden zum Albtraum. Zuerst Durchfall, dann Erbrechen, dann Krämpfe im Magen. Hätte ich nicht das gleiche gegessen, ich hätte auf Lebensmittelvergiftung getippt. Woran zu diesem Zeitpunkt niemand gedacht hat: Der Eistee!

Besonders erschwert wurde der Umstand der Krankheit dadurch, dass wir am nächsten Tag – sehr früh am Morgen – unseren Flug ins knapp 1.000 Kilometer entfernte Goa hatten.

Die Fahrt vom Hotel in Delhi zum Inlandsflughafen war ein Fiasko: Wir mussten immer wieder stehen bleiben, weil B. sich übergeben musste. Die Wartezeit am Flughafen selbst verbrachte ich nervös in der Wartehalle, B. auf der Toilette.

Unser erster Eindruck von Indien: Horror! Wo man auch hinkommt, man wird übers Ohr gehauen. Der Tourist ist die finanzielle Melkkuh. Den teilweise fiesen Tricks der im Tourismusbereich Tätigen zu entgehen führt häufig zu Situationen, in denen man sich sehr zurückhalten muss, um die Ruhe nicht zu verlieren. Alles in allem war das Umfeld in Indien „hostile“. Die Ruhe und Entspannung, die ich aus China gewohnt war, kam hier nicht auf. Ich war unter permanenter Anspannung, was nun als nächstes passieren würde. Gleich am ersten Tag haben B. und ich über unsere Erlebnisse gesprochen und festgestellt, dass das der erste Urlaub werden sollte, der uns wohl nicht gefallen würde.

Aber ein Funken Hoffnung blieb noch übrig, denn ich hatte mir Goa als inländisches Reiseziel ausgesucht.