Ganz rasch wieder zu Gmail

Am 18. November 2008 habe ich mich von Gmail verabschiedet und das auf meinem System vorinstallierte Apple Mail zu meinem Standardmailprogramm gemacht. Mit ein paar Tricks konnte ich in Apple Mail Konversationen, wie man sie aus Gmail kennt, simulieren, ebenso wie die Archivierung von Nachrichten. Meine datenschutzrechtlichen Bedenken bezüglich Gmail sind nach wie vor nicht aus dem Weg geräumt, doch habe ich vor ein paar Tagen ganz rasch wieder zu Gmail gewechselt, denn mit Apple Mail (und anderen, dazu gleich!) zu arbeiten, ist, gelinde gesagt, ein Desaster!

Apple Mail, Thunderbird, Postbox und Outlook

Mein erster Punkt damals war, Konversationen, also thematisch zusammenhängenden Mailverkehr, in Apple Mail so darzustellen, wie es in Gmail üblich ist: E-Mails werden samt Antworten und Reaktionen darauf in einer Gruppe angezeigt. In Apple Mail geht das nur eingeschränkt. Man kann zwar Posteingang und Gesendete Nachrichten gruppiert anzeigen und E-Mail-Verläufe kombiniert darstellen, doch spätestens nach dem Archivieren (Verschieben dieser Nachrichten in einen Archiv-Ordner auf dem Server), funktioniert das System nicht mehr.

Ebenso wichtig war mir der Punkt Archivierung. Hierzu habe ich auch ein Skript gefunden und dementsprechend angepasst, doch funktioniert hat das alles nicht wirklich. Die Nachrichten wurden zwar archiviert und korrekt in die jeweiligen Ordner verschoben, doch waren sie damit einfach nicht mehr erreichbar und wurden nicht in Nachrichtenverläufe (Konversationen) integriert. Selbst wenn man diese Nachrichten wieder in den Posteingang verschoben hat – die Konversationsdarstellung hat nicht mehr funktioniert.

Außerdem, und das war besonders lästig, habe ich schon bald ein weiteres Skript benötigt, um Ordnung in Apple Mail zu halten: Duplikate auswählen gehörte zu meinen Standardtätigkeiten während der letzten Monate, es gelang dem Programm einfach nicht zwischen Verschieben und Kopieren zu unterscheiden, häufig aber auch bekam ich das Okay, dass eine Nachricht verschoben wurde, nur um am nächsten Tag zu entdecken, dass sie noch immer im Posteingang zu finden war.

Zu den weiteren lästigen Fehlern der Desktoplösung gehörten noch:

  • E-Mails, die angeblich versendet wurden, in Wirklichkeit aber im Entwürfe-Ordner gespeichert waren.
  • E-Mails, die tatsächlich versendet wurden und trotzdem zusätzlich im Entwürfe-Ordner gespeichert waren.
  • Idente E-Mails, die in mehreren Ordnern vorhanden waren.
  • Lange Wartezeiten bis zum Erstkontakt mit dem IMAP-Server.
  • Der Apple Mail To Do-Ordner, den man jeder Konfigurationsmöglichkeit zum Trotz, irgendwie nie vom Server wegbekommt.
  • Das Inbox/Inbox/Inbox/Inbox-Problem.

Auch Thunderbird war kein Hit: Neben ähnlichen Schwierigkeiten wie mit Apple Mail, missfällt mir hier, dass man auf jeden Fall mit unterschiedlichen Mailboxen arbeiten muss. Eine Gesamtdarstellung aller Nachrichten funktioniert nur über Umwege.

Postbox kam und ging wie ein frischer Wind. Die Indizierungsfunktion ist genial, aber im Grunde genommen bietet das Programm vorläufig nichts, dass es im Vergleich zu Apple Mail oder Thunderbird attraktiver gestalten würde. Zumindest die Funktion Konversationen wäre schön!

Um auch noch über Outlook herzuziehen: Ich kann nicht verstehen, wieso man freiwillig mit diesem Müllcontainer an Programm arbeiten will. Die IMAP-Unterstützung funktioniert, vor allem bei automatisierten Abläufen (Archivierung, zum Beispiel) nicht wirklich, die Darstellung der Nachrichten ist eine Zumutung, ebenso wie die Gestaltung und der Workflow innerhalb der Oberfläche. Punkt.

Eine leere Inbox zu haben – das funktioniert mit allen vier Programmen nicht wirklich oder nur, wenn man starke Einbußen an Benutzerfreundlichkeit hinnehmen will. Der einzig logische Schritt: Zurück zu Gmail, aber schnell!

Gmail importiert, Gmail verwaltet

In meinen Serverarchiven hat sich in den drei Monaten einiges an Datenmaterial angesammelt. Die galt es zuersteinmal aus dem Archiv-Ordner wieder in Posteingang oder Postausgang, Gesendet oder Entwurf zu bewegen. Das war aber nicht möglich, weil mein Archiv-Skript keinen Unterschied zwischen diesen Ordner gemacht hatte. Somit blieb mir nichts anderes übrig, als alles in den Posteingang zu verschieben. Und das auf drei verschiedenen Servern. Ich brauche hoffentlich nicht zu erwähnen, dass Spams und andere unerwünschte Nachrichten plötzlich en masse hier auftauchten und obwohl bei einer Ansicht des Ordners „Archiv“ in Apple Mail, Thunderbird oder Postbox alles als gelesen markiert war, gab es nach der Verschiebung plötzlich mehrere Hundert E-Mails, die ich eigentlich nicht gelesen hatte. Naja.

In Gmail habe ich den Abruf von anderen Konten aktiviert und mich auf eine lange Sitzung vorbereitet, in der ich Duplikate aussortieren durfte oder Filterregeln erstellen musste, mit denen ich gesendete von empfangenen Nachrichten trennen konnte. Am meisten Sorge bereiteten mir jedoch die Duplikate, die entstehen würden, weil ja bei Gmail an sich schon Teile der E-Mail-Flut bereits vorhanden waren.

Nach Einrichtung des Abrufs von anderen Konten begann Gmail die E-Mails zu importieren. Alle Konten zusammengenommen warteten mit etwas über 5600 E-Mails auf, die Gmail ersteinmal schlucken musste. In Sätzen zu je 200 rief Gmail die E-Mails ab und gliederte sie in sein System ein. Über Nacht war alles importiert, nur einige wenige Nachrichten, die zip-Anhänge enthielten, wurden nicht abgerufen.

Ein Blick in den Posteingang verwunderte mich allerdings: Gerade mal 40 E-Mails wurden keiner Konversation zugeordnet, alle anderen wurden korrekt verknüpft und in die richtigen Ordner gestellt: Gesendete, Empfangene, Archivierte. Keine Probleme damit.

Spams wurden erkannt und gefiltert, ebenso wie – meinen Nachrichtenfiltern folgend – die E-Mails verschiedener Konten verschiedenen Labels zugeordnet wurden. Auch stichprobenartige Kontrollen bewiesen das. Die wenigen nicht importierten Nachrichten habe ich per IMAP auf Gmail hochgeladen. Der Import ist gelungen.

Warum zurück? Gmail geht den richtigen Weg!

Abgesehen von datenschutzrechtlichen Bedenken gegenüber Gmail ist der Service allen anderen Webmailanbietern wie auch allen Desktopapplikationen haushoch überlegen. Die Ansicht der E-Mails in Form von Konversationen, die Möglichkeit zu archivieren, der hervorragende Spamfilter, die blitzschnelle Suche sowie die unaufdringliche und durchdachte Oberfläche machen Gmail zum besten E-Mailservice überhaupt.

Ich stimme Alex Payne vollinhaltlich zu, der zum Thema Konversationen behauptet

Anyone who’s given Gmail a fair shake will quickly find conversations indispensable. Going back to any other email client is agonizing and disorienting […]. In desktop email clients, new messages arrive completely bereft of context. The only way to orient yourself is to either remember what the conversation was about or read through the mess of quoted text that may or may not be present at the bottom of the message, depending on what kind of email client or prefences the sender has. You could try searching to re-orient yourself, but good luck with that in Outlook or Mail.app.

Und die Zukunft sieht für Alternativen zu Gmail auch nicht rosig aus, sofern die Entwickler nicht endlich kapieren, worauf es wirklich ankommt: Niemanden interessieren Designvorlagen für E-Mails, niemanden Nachrichtenregeln, die die Nachrichten von Familienmitgliedern farblich darstellen. Die wichtigen Punkte sind

  • Integration (in den Workflow mit Kalender und Dokumenteverwaltung),
  • Archivierung (unter Beibehaltung des Konversationsverlaufs) und
  • eine starke Suchfunktion, mit der man sich blitzschnell innerhalb einer großen Masse an E-Mails bewegen kann.

Ich bin gerne sofort bereit auf ein lokales Mailprogramm umzusteigen, das diese Anforderungen erfüllt. Ich werde auch jede neue Version von Postbox ausprobieren, um zu sehen, ob die Entwickler verstanden haben, was wirklich nötig ist, ebenso wie jede neue Version von Thunderbird, Entourage/Outlook oder Apple Mail. Ich fürchte jedoch, dass der Umstieg sehr lange auf sich warten wird lassen.