Über die 30km/h-Zonen in der Gumpendorfer-, sowie der Burg- und Neustiftgasse

Eine Nachricht vorab an den Fahrer des silbergrauen BMW X5, der mich gestern um etwa 23:07 Uhr auf der Burggasse Höhe Café Wirr mit der Lichthupe bei vorgeschriebenen 30km/h zu schnellerem Fahren drängte und, als ich nicht beschleunigte, auf die Bus-, Fahrrad- und Taxispur wechselte, mich dort mit dröhnendem Motor und rauchendem Auspuff überholte, letztendlich aber an der Ampel Burggasse/Stiftgasse, also nur wenig später, feststellen musste, sich nun in der blamablen Situation zu befinden, mit dem Überholmanöver den Vorsprung von etwa einer Autolänge ohne jeden Zeitgewinn erfahren zu haben: Es hat keiner außer mir bemerkt.

Nun zum eigentlichen Beitrag. Mit der Umstellung der Mariahilfer Straße zur Fast-Fußgängerzone gingen verkehrspolitische Maßnahmen in den drei oft frequentierten Nebenstraßen Burggasse, Neustiftgasse und Gumpendorfer Straße einher. Dort wurde die Höchstgeschwindigkeit für den Verkehr von 50km/h, an die sich zumindest in den beiden Gassen in Neubau nie jemand gehalten hat, auf 30km/h, eine Vorschrift, an die sich nur die allerwenigsten halten, gesenkt. Jetzt, wo die Diskussion um die Fußgänger- und Begegnungszone auf der Mariahilfer Straße niemanden mehr interessiert, blickt man auf die Ausweichrouten durchs Wohngebiet.

Ich bin auf der Neustiftgasse bisher kaum schneller als mit einem Mittel von 30km/h unterwegs gewesen, da die Gasse ohnehin immer viel zu hohes Verkehrsaufkommen aufwies und dementsprechend verstaut war. Die ganz am Anfang der Straße montierten 30km/h-Schilder habe ich erst nach knapp einer Woche bemerkt, die 30er-Beschriftung auf der Straße ist zwar deutlich besser zu erkennen, sollte aber viel öfter als nur am Anfang und am Ende der Straßen vorhanden sein. Allen Schildern und Beschriftungen zum Trotz hält sich kaum jemand an die 30km/h Begrenzung. Die, die’s tun, werden mit ausgestrecktem Mittelfinger auf der Busspur überholt, angehupt oder von Volkstheater bis Gürtel mit der Lichthupe angetrieben. Ich gehe bei diesen Beobachtungen von Einzelfällen aus; relativiert wird meine Sichtweise jedoch dadurch, dass ich eine der drei Varianten bei jeder Autofahrt erlebe. Und da spreche ich noch nicht von denjenigen, die den Sinn der Busspur darin sehen, eine private, einspurige, innerstädtische Bezirksautobahn zu haben, die man nutzen kann, sofern der Blinker an ist. Ich vermute, dass die Neustiftgasse vor allem wegen ihrer Gradlinigkeit auch verkehrspsychologisch ein Hindernis fürs Einhalten einer Höchstgeschwindigkeit von 30km/h darstellt1.

Ähnlich gerade verläuft die Burggasse. Auch dort wird man mit Licht, Ton und Mittelfinger angetrieben. Auch dort werden – siehe meine Nachricht an den Fahrer des X5 am Anfang des Texts – übelste Überholmanöver durchgeführt. Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber gerade auf der Burggasse liefern sich auch Taxis gelegentlich waghalsige Überholvorgänge unter Zuhilfenahme der normalen Verkehrsspur. Anders auf der Gumpendorfer Straße. Interessanterweise kann ich dort nämlich die subjektiven Geschwindigkeitsprobleme nicht beobachten. Der größte Unterschied zu den beiden oben genannten Gassen ist wohl, dass die Gumpendorfer Straße die Mariahilfer Straße nicht gradlinig, sondern kurvenreich begleitet und der visuelle Horizont außer beim Abschnitt am Esterhazypark/Flakturm begrenzt ist; ist es da noch verwunderlich, dass es gerade auf diesem Teilstück bisweilen munter zugeht?

Mich persönlich stört die neue Höchstgeschwindigkeit von 30km/h nicht. Was mich allerdings stört, sind die bis dato scheinbar noch nicht angepassten Ampelphasen und die zu wenig oder gar nicht optimierten Verkehrsströme. Den Rückstau auf der Burggasse ab Höhe Asahi bis zur Ampel beim Volkstheater gab es schon immer, nunmehr ist das Verkehrsaufkommen aber intensiver und die Rückstaus häufiger. Die röhrenden Motoren derjenigen, die der 30er-Zone in der Neustiftgasse über die Seitengassen auf die Lerchenfelder Straße entfliehen wollen, wo sie dann seelenruhig einer Straßenbahn folgen, sind definitiv in nie dagewesener Intensität.

Ich habe kein Interesse, mich in eine politische Diskussion über Sinn und Unsinn der Fußgängerzone Mariahilfer Straße und ihrer Begleiterscheinungen einzulassen. Wer sich diesbezüglich „informieren“ will, kann ja in den Onlineforen der gängigen Tageszeitungen lesen abstürzen. Was ich allerdings an dieser Stelle loswerden will, ist eine von der Psychologie des Menschen losgelöste und auf Mathematik beruhende Erkenntnis. Der von Kritikern der neuen 30er-Zonen beklagte „schreckliche Zeitverlust“ durch die 30km/h-Begrenzung in der Gumpendorfer Straße, der Burggasse und der Neustiftgasse, der als Einschränkung der Lebensqualität oder sonstiger plötzlich aufkommender Befindlichkeiten bewertet wird, ist kaum nachvollziehbar. Der Zeitverlust durch die 30km/h-Begrenzung ist nämlich minimal und wird ohnehin durchs Telefonieren im Auto – und jeder telefoniert! – subjektiv stark verzerrt.

Hier die Tabelle (reine Fahrtzeit ohne Ampelphasen und Verkehr):

StraßeLängeDauer 50km/hDauer 30km/hDifferenz
Gumpendorfer Straße2.4002:534:481:55
Burggasse1.5001:483:001:12
Neustiftgasse1.4001:412:481:07

Und wer wegen 1-2 Minuten (!) ein emotionales Problem hat, soll mit der U-Bahn fahren.


  1. Ähnliches behauptet auch Horst Prillinger über die Geschwindigkeitswahrnehmung in der Mariahilfer Straße