Zeit fürs Schlussmachen

Barbara Kaufmann schreibt über unsere Angst vor dem Schlussmachen, wie wir sie mit Ersatzhandlungen überspielen, ignorieren und hinauszögern, um, wenn überhaupt, festzustellen, dass das Warten letzten Endes nur uns selbst geschadet hat.

[Man hält] an einer Beziehung fest, die einsam macht. Und das vor allem in Gegenwart des anderen. Zusammen ist man nur noch mehr allein. Da werden melancholisch Erinnerungen hervorgekramt, an die man sich klammert. Ängstlich, weil man fürchtet, keine neuen mehr schaffen zu können. Mit einem anderen Menschen, in einem anderen Leben, das man sich erst aufbauen müsste, für das es jedoch noch keinen Bauplan gibt. […] Also lässt man nicht los, sondern grübelt. Rekonstruiert wie ein Detektiv die Vergangenheit, zerlegt sie und setzt sie noch einmal zusammen. Als könnte man Geschehenes dadurch verändern. […] Das Grübeln wird zum Dauerzustand. Die Trauer unbewältigbar. Weil der Abschied noch vor einem liegt.

Doch auch nach außen hin kommt Schlussmachen manchmal gar nicht gut. Die Reflexion über die eigene Beziehung soll undenkbar bleiben, beinhaltet sie doch die Möglichkeit des Grübelns, der Rekonstruktion der Vergangenheit, der Analyse des Geschehenen. Das kann die Illusion zerstören.

Deshalb mag man die Arbeit, das Büro, das Mittagessen mit den Kollegen. Dort gibt es Gewissheit über den guten Zustand, dort herrscht Einigkeit, denn

Wer geht, ist nicht beliebt. Weil er zeigt, dass nicht alles gut bleibt, was gut ist. Weil er sichtbar macht, dass es ein Ende gibt. Weil er andere unglücklich macht und traurig.

Weil der Abschied damit zu einer Möglichkeit wird. Und niemand will unglücklich sein und traurig.