Punktesystem in meiner Kaffeeliste

Vielleicht ist es ja schon jemandem aufgefallen: Momentan schwanken die Positionen in meiner Liste zum Thema Guter Kaffee in Wien teilweise enorm. Das liegt daran, dass ich, um nicht unfair zu bewerten, ein Punktesystem eingeführt habe. Natürlich ändert das nichts an der völlig subjektiven Wertung, aber es macht die Sache ausgeglichener. Vor allem aber zeigt das System die langfristigen Wertungen besser an, da nicht der unmittelbare Eindruck, sondern der Mittelwert aus vielen dieser Eindrücke für die Reihung genutzt wird.

Vereinfacht ist es so: Jedes Mal, wenn ich in einem der Lokale einen Kaffee trinke, weise ich dem Besuch einen Punktwert von 0 bis 5 zu. Diese Punkte vergebe ich natürlich absolut subjektiv, ich bemühe mich aber, immer vor allem drei Aspekte vordergründig zu betrachten: Diversität der Auswahl, Zubereitung und Qualität, sowie mein persönlicher Eindruck.

Mit Diversität meine ich ganz einfach, ob es Bohnen unterschiedlicher geschmacklicher Noten gibt oder ob die „zwei Sorten“ vom Charakter her ähnlich sind. Der Hintergedanke hier ist, dass Liebhaber fruchtiger Sorten genauso auf ihre Kosten kommen sollen wie diejenigen, die einen eher klassischen Kaffee mit wenig Säure bevorzugen.

Was die Qualität der Zubereitung angeht, so ist auch das ziemlich einfach zu bewerten. Werden 20 Gramm (Kaffebohnen) gewogen und gemahlen, aber der Barista patzt so dermaßen viel herum, dass nur noch 18 Gramm des Kaffeemehls im Sieb landen oder pritschelt der Kaffee in wenigen Sekunden aus der Maschine und sieht der Espresso wie ein Mokka aus, dann gibt es weniger Punkte als wenn diese Basiskriterien perfekt erfüllt werden. Unverhältnismäßig wenig Punkte gibt es da, weil das eben das Einmaleins der Kaffeezubereitung sein sollte.

Der letzte Faktor – mein persönlicher Eindruck – ist so zu verstehen: Dieser Faktor ist der Versuch, mir über die persönliche Befindlichkeit bewusst zu werden und die Wertung erst danach abzugeben. Es ist ja, gerade in Wien, nicht selten, dass man an einen eher wenig gut gelaunten Barista gelangt, der einem den Kaffee schon mal schnauzig hinstellt oder schlichtweg nicht einsehen will, dass man die höchst individuelle Nomenklatur jedes einzelnen Coffeeshops nicht auswendig wissen kann (der „doppelte Espresso“ oder der „Cappuccino“ des einen ist unter bestimmten Bedingungen der „Estate“ bzw. der „Flat White“ des anderen). Wird man dann auch noch, vor allem in der Früh, darüber belehrt und der Satz beginnt mit „Bei uns heißt das…“, dann, ja, dann hilft es in meiner Punktevergabe sehr, diesen Aspekt auszublenden und die Qualität und Auswahl des Kaffees abzüglich des Grants des Baristas (und damit seiner Wirkung auf mich) zu bewerten. Gleichzeitig ist dieser Faktor auch in die andere Richtung von Bedeutung: Ich wollte nie und will nicht, dass meine Kaffeeliste eine brave Auflistung aller Coffeeshops in Wien wird, in der ich neutral und objektiv an die Sache herangehe und damit keinen Unterschied zu den in Zeitungen und Magazinen aufscheinenden Listen biete. Das ist nicht nur dort schon fad, sondern würde auch keinen Mehrwert bringen. Allen, die meine Kaffeeliste durchstöbern, muss klar sein, dass es sich hier um meine und nicht eine pseudoobjektive Meinung handelt. Es gibt Kaffeelisten wie Sand am Meer. Wer meint, meine Wertungen und Kommentare passen nicht, eine Googlesuche ist einen Klick entfernt.

Zurück zur Punktewertung. Sobald ich jedes Lokal mindestens ein paar Mal besucht habe, werde ich den Punktemittelwert zukünftig auch auf der Kaffeeliste anzeigen. (Das sind dann die üblichen Sternsymbole, die man mittlerweile ohnehin gewöhnt ist.) Bislang sehe nur ich den Wert und kann jetzt schon mitteilen, dass er sich in sehr großen Teilen mit der vorherigen Wertungsreihung deckt. Die aktuellen Schwankungen, die sich aus der niedrigen Anzahl meiner Besuche in den Lokalen ableiten – der Mittelwert aus 2 Besuchen kann naturgemäß zu größeren Ausschlägen führen als der aus 12 Besuchen – ist also das Holpern am Anfang. Mit der Zeit und mit immer wiederkehrenden Besuchen werden sich diese Schwankungen aber beruhigen und das Ranking wird sich stabilisieren. Es wird, so mein Plan, dadurch insgesamt fairer; immerhin hat die Seite signifikante Besuchszahlen und ich möchte hier auch eine ausgeglichene Liste von Lokalen präsentieren, die nicht von einem einzelnen Eindruck abhängig ist. Einige Lokale profitieren ja jetzt schon von der Punktevergabe, die ich seit etwa 2 Monaten teste.

Was allerdings nach wie vor händisch gemacht und nicht mittels Punktebewertung ermittelt wird, sind meine Top 3-Lokale im Einleitungstext der Kaffeeliste: Dort werden sich sicherlich auch zukünftig Lokale finden, die rein vom Mittelwert der Punkte her nicht unbedingt top bewertet, aber trotzdem in meinen Augen definitiv einen Besuch wert sind.

Aktualisierung am 18.2.2019: Die Punktebewertung war eine gute Idee und hat, bis auf wenige Änderungen, meine (freie, nicht auf Punkten basierende) Reihung bestätigt. Da ich aber von einigen Baristi auf die Punkte angesprochen wurde und sie sich extra bemüht haben, habe ich das System wieder gekappt. Die Liste bleibt also, was sie ohnehin immer war: Mein subjektiver Eindruck.