Kein eigener Onlineshop, dafür über Amazon verkaufen? Think again!

Dana Mattioli über die Praktiken von Amazon gegenüber seinen Dritthändlern, die früher oder später jedes am Amazon-Marktplatz erfolgreiche Unternehmen treffen können. Amazon ist böse, jada, jada, wissen wir eh alle, aber ich dachte immer – offenbar tatsächlich an Naivität nicht zu überbieten -, dass zumindest ein gewisses Maß an Partnerschaftlichkeit zwischen Amazon und den dort tätigen Drittanbietern besteht. Dem ist, der Artikel lässt da keine Zweifel offen, mitnichten so.

Anlassfall Stative: von 3,5 Mio. in die Bedeutungslosigkeit

Über einen Tweet bin ich auf den Artikel von Dana Mattioli aufmerksam geworden. Darin ist die Rede von einem Händler, der mit dem Verkauf von Stativen gutes Geld auf Amazon machte. – Bis Amazon darauf aufmerksam wurde.

Pirate Trading LLC was selling more than $3.5 million a year of its Ravelli-brand camera tripods […] In 2011, Amazon began launching its own versions of six of Pirate Trading’s top-selling tripods under its AmazonBasics label. Amazon used the same manufacturer that Pirate Trading had used. […] In 2015, Amazon suspended all Ravelli products […] and even though the suspension ended, [Pirate Trading LLC’s] tripod business is now a fraction of the size it was.

Das allein ist schon nicht schön, doch das Vorgehen von Amazon ist viel schmutziger als man vermuten würde. Sinngemäß: Zuerst wird das Konto eines auf Amazon erfolgreichen Händlers mit der Begründung vermuteter Produktpiraterie gesperrt. Entsperrt werden kann es, sobald der Händler die Echtheit des Produkts, zum Beispiel durch Vorlage von Herstellerrechnungen, belegen kann. Unter dem Druck des täglich entgehenden Gewinns, legt der Händler die Lieferscheine und Rechnungen vor. Das Konto wird zwar entsperrt, aber:

Several sellers told the Journal they provided those details to Amazon to get their accounts reinstated, only for Amazon to introduce its own version of their products using the same manufacturer. […] CJ Rosenbaum, a lawyer who works on behalf of Amazon sellers, said some of them use intermediary “black box” factories to hide suppliers’ identities from Amazon: “They get the finished goods and ship them to a black-box factory who will ship their products to Amazon.”

Eine Proxy-Konstruktion, um von Amazon nicht in die Bedeutungslosigkeit gedrängt zu werden? Das ist starker Tobak! So agiert man nur im Feindesgebiet.

Shopify wird zum Problem

Amazon hat seinen Fokus auf Shopify, einen der größten Gewinner der Pandemie und nach WooCommerce die zweitgrößte E-Commerce-Plattform, gelegt. Einerseits, weil Shopify am Black Friday mehr Umsatz gemacht hat als Amazon mit seinen Third-Party-Vendors, nämlich USD 5,1 Mrd. aufseiten von Shopify und USD 4,8 Mrd. aufseiten von Amazon, andererseits, weil viele Händler Amazon zugunsten von Shopify verlassen, was schlicht und einfach an den Gebühren liegt, die die beiden Systeme je Verkauf einfordern. Amazon hebt im Schnitt etwa 30% ein, Shopify nur einen Bruchteil davon: 2,9% + 30 Cents. Der Unterschied ist gewaltig und der Traffic auf Shopify offenbar groß genug, um dort erfolgreich verkaufen zu können.

Berücksichtigt man auch, dass Shopify nach außen hin offen ist und seine Reichweite durch die zahlreichen Integrationsmöglichkeiten, nicht zuletzt durch die E-Commerce-Initiativen anderer Internet-Riesen wie Facebook mit seinen Facebook Shops, unterstützt, bildet sich hier gerade ein kräftiger Gegenpol, genährt durch die Unterstützung potenter Dritter. Dass das ein Dorn im Auge von Amazon ist, liegt auf der Hand.

Ich bin sehr gespannt, in welche Richtung sich Amazon hier bewegen und wie das Unternehmen diesbezüglich handeln wird.