Apples KI-Krise: Riss im Gemäuer oder Entzauberung Künstlicher Intelligenz?

Marques Brownlee erkennt in der superstabilen Festung namens Apple einen winzig kleinen Riss im Gemäuer. Er trägt die Aufschrift Apple Intelligence. CNN kontert: Ist es ein Riss?

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Marques Brownlee aka. MKBHD hat ein Video über den bedenklichen Zustand, in dem sich Apple aufgrund der immer und immer wieder verschobenen Integration von Künstlicher Intelligenz in seine Hardware befindet, veröffentlicht. Marques Brownlee spricht es nicht aus, wagt aber darauf hinzuweisen, dass er einen Riss in der Festung Apple sieht, der die Aufschrift „Apple Intelligence“ trägt. Das zur KI-freundlichen Wahrnehmung dessen, was bei Apple gerade passiert.

Aber vielleicht ist es nicht unbedingt nur Apple, das dieses Problem verursacht. Vielleicht ist es ja die Technologie der Künstlichen Intelligenz selbst. CNN hält einem Argument wie dem von Brownlee mit einem Titel entgegen, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: Apple’s AI isn’t a letdown. AI is the letdown. Darin heißt es, zur Ausgangssituation, die das zögerliche Vorgehen des Konzerns anreißt:

Apple, like every other big player in tech, is scrambling to find ways to inject AI into its products. Why? Well, it’s the future! What problems is it solving? Well, so far that’s not clear! Are customers demanding it? LOL, no. In fact, last year the backlash against one of Apple’s early ads for its AI was so hostile the company had to pull the commercial. The real reason companies are doing this is because Wall Street wants them to. Investors have been salivating for an Apple “super cycle” — a tech upgrade so enticing that consumers will rush to get their hands on the new model. In a rush to please shareholders, Apple made a rare stumble.

CNN

Der Artikel geht aber noch tiefer und weiter. Und in einem Twist, der in die gleiche Kerbe schlägt, die Jürgen Greuter aka tante schon weit ausgehöhlt hat, heißt es dann: Vielleicht ist es ja der Stand der Technologie „Künstliche Intelligenz“ an sich, die noch zu problematisch und zu wenig zuverlässig ist, der einen Konzern wie Apple, der mehr Expertise und Wissen darüber zusammentragen kann als wir uns vorstellen können, so dermaßen zögerlich reagieren lässt. Fast liest sich, was Allison Morrow da bei CNN schreibt, wie eine Kritik an einer Glaubensrichtung und ihrer religiösen Gemeinschaft. Eine Assoziation mit allem, was zu Künstlicher Intellligenz gehört, die ich ja auch schon des öfteren hier auf meinem Blog gemacht habe.

In anderen Worten: Nur, weil die Proponenten einer Technologie sie für ausgereift genug erklären, bedeutet das nicht, dass sie ausgereift ist. Und egal, wie sehr die Evangelisten der Technologie den Fehler bei den Userinnen und Usern sehen, Apple hat die Möglichkeit (und die finanziellen Reservern), sich hier noch eine Zeit lang zurückzunehmen, bis die objektive Wahrheit über die Qualität Künstlicher Intelligenz mit der Glaubensrichtung übereinstimmt. CNN liefert ein sehr bodenständiges Argument.

There’s a popular adage in policy circles: “The party can never fail, it can only be failed.” It is meant as a critique of the ideological gatekeepers who may, for example, blame voters for their party’s failings rather than the party itself. That same fallacy is taking root among AI’s biggest backers. AI can never fail, it can only be failed. Failed by you and me, the smooth-brained Luddites who just don’t get it. […] Tech columnists such as the New York Times’ Kevin Roose have suggested recently that Apple has failed AI, rather than the other way around. […] “Apple is not meeting the moment in AI […] I just think that when you’re building products with generative AI built into it, you do just need to be more comfortable with error, with mistakes, with things that are a little rough around the edges.” To which I would counter, respectfully: Absolutely not. […] Roose contends, at one point in the episode, that “there are people who use AI systems who know that they are not perfect,” and that those regular users understand there’s a right way and a wrong way to query a chatbot. This is where we, the people, are apparently failing AI. Because in addition to being humans with jobs and social lives and laundry to fold and art to make and kids to raise, we should also learn how to tiptoe around the limitations of large language models that may or may not return accurate information to us.

CNN

Richtig scharf wird es aber, wenn die CNN-Journalistin indirekt und an einem Beispiel verdeutlicht die in KI-Glaubensgemeinschaften wohl verpönte Frage stellt, ob nicht vielleicht Apple der erste große Konzern sein könnte, der den der KI-Technologie typischen Hinweis auf Unzulänglichkeit schlichtweg nicht akzeptieren will. Der also das Problem nicht bei seinen Userinnen und Usern, sondern viel mehr bei der Technologie sowohl in seiner momentanen Ausprägung und Form als auch in ihrem momentanen Entwicklungsstand sieht? Und meine Güte ja (!) sie hat recht, wenn der Widerspruch offensichtlich wird, wenn es um die Präzision und die Qualität dessen geht, was KI vermeintlich und im Gegenzug dazu tatsächlich leisten kann. Der letzte Teil des CNN-Artikels, hier fast vollständig zitiert, nimmt mir die Worte aus dem Mund und (daher) ein Bravo für diesen Schluss!

Apple floated a compelling scenario for its newfangled Siri. Imagine yourself, frazzled and running late for work, simply saying into your phone: Hey Siri, what time does my mom’s flight land? And is it at JFK or LaGuardia? In theory, Siri could scan your email and texts with your mom and give you an answer. […] If it’s 100% accurate, it’s a fantastic time saver. If it is anything less than 100% accurate, it’s useless. Because even if there’s a 2% chance it’s wrong, there’s a 2% chance you’re stranding mom at the airport, and mom will be, rightly, very disappointed. Our moms deserve better!

Bottom line: Apple is not the laggard in AI. AI is the laggard in AI.

CNN

Amen. Und, um noch religiöser zu bleiben: Halleluja!

2 Kommentare

  1. Konnte AI nur mit macOS probieren und bin underwhelmed. weniger wegen KI an sich, als deren Umsetzung mit AI:

    Image Playground: Nette Spielerei, was lokal möglich ist, aber nach 5 Minuten ist die Luft raus

    Bereinigen (Fotos): Hit and miss, je nach Motiv. Mobil ist hier mindestens ein iPhone 15 Pro nötig, während Google Fotos das lokal auch auf meinem iPhone 15 kann. Gut, hier wäre möglich, dass Google die Analyse online bereits abgeschlossen hat und das deshalb offline klappt, das glaube ich aber nicht.

    Zusammenfassen: Funktioniert für mich überraschend gut. Warum das in Safari im Lese-Modus versteckt ist, verstehe ich nicht. Sollte systemweit leicht zugänglich verfügbar sein.

    Schreibtools: Gamechanger für mich, im Ernst. Ich schreibe Mails sehr präzise, was oft als unfreundlich aufgenommen wird. Wenn ich da die Schreibtools umformulieren lassen, könnte ich mich aufgrund der Änderungen fast selbst mögen.

    Mehr habe ich bisher nicht probiert.

    Kurzes Fazit: Man merkt die Sachen nicht, sie sind einfach da. Wenn sie funktionieren, dann machen sie ihre Arbeit. Manches ist halt Apple-typisch fraglich umgesetzt und die Einschränkungen bei z.B. Bereinigen wirken halt sehr nach „kauf Pro“. Apple hat Hard- und Software in der Hand und wird AI rasch weiterentwickeln. Ich sehe da auch keine Entzauberung oder Enttäuschung: statt „wir haben das tollste LLM mit drölfzig Fantastiliarden Parametern“-Wettrüsten sind es bisher kleine unaufdringliche Helferlein, die lokal funktionieren. Was mir gefällt, ist, dass AI genausowenig ein Produkt oder eine App ist, wie iCloud. iCloud ist Backup für Fotos, Passwörter, Mails, Kalender, Sync, etc. Überall drin und man denkt nie „hey, jetzt nutze ich iCloud“. AI wird auch so.

    • Ja, sehe das nun, da ich auch mit den AI-Funktionen gespielt habe, genauso: Underwhelmed. Das ist wirklich der richtige Begriff. Spannend, allerdings, dass du gerade das, was ich am unbrauchbarsten empfinde (Schreibtools) sogar als Gamechanger bezeichnest. Aber gut, das beweist zumindest, dass es ja doch auch für solche Dinge Publikum und einen Markt gibt. – Und danke für diesen letzten Aspekt, den du vorbringt, die nahtlose und nicht explizite Integration der AI-Lösungen. An diesen Zugang habe ich bislang nämlich noch gar nicht gedacht, aber nicht nur stimmt er, sondern er könnte tatsächlich das herausstechende Merkmal der AI im Sinne Apple Intelligence sein.

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