COVID-19, Tag 3: Was ist da los in Ischgl? Und bei euch, AGES?

Sonntag, 15. März 2020, Tag 3 der Coronavirus-Pandemie. Mein Tag beginnt früh, die Straßen sind leer. Das ist für einen Sonntag an sich nichts Verwunderliches, aber man sieht ja bekanntlich, was man sehen will. Die Restaurants schließen, das ist nun fix, und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit wird auch kommen. Ist offenbar notwendig, vor allem, nachdem der Samstag – hier galt noch der freiwillige Verzicht, nach draußen zu gehen – solche Bilder hervorgebracht hat.

Sich von Menschenmengen fernhalten ist offenbar auch ein großes Problem in Ischgl gewesen. Der Ort wird nun in einem oft zitierten Artikel, als „heimliche Virus-Drehscheibe in Europa“ bezeichnet, was mich, ist die darin angeführte Zeittafel korrekt, auch nicht wundert, denn es sind offenbar 2 Wochen zwischen den ersten starken Verdachtsmeldungen (vom 29. Februar) aus Island, Dänemark und Norwegen vergangen, bis man in Österreich am 14. März reagiert hat. Die Spitze des Eisbergs bislang bildet ein Anästhesist, der sich in der Region mit dem Coronavirus infiziert hat, im Salzburger Uniklinikum zur Arbeit gegangen ist und so 108 Menschen mit in die Quarantäne gerissen hat.

Ich war am Nachmittag spazieren – alleine! – und habe währenddessen eine in meinen Augen äußerst bedenkliche Nachricht erhalten. Ein Verwandter hatte bei der AGES angerufen, um nachzufragen, wie er sich beim Erledigen von Besorgungen für seine Mutter, die des Alters wegen zur Risikogruppe gehört, verhalten soll. Muss er die Nahrungsmittel vor der Tür abstellen und gehen oder darf er danach auf einen Besuch vorbeikommen? Die Antwort der AGES im Wortlaut der Nachricht, die ich erhalten habe:

Also ich habe jetzt mit der AGES telefoniert! Wir sollen […] Essen besorgen und können sie auch besuchen. Sollten halt nie mehr als fünf Personen dort sein und um auf Nr sicher zu gehen, Abstand von 1m […] einhalten. – Aber so, dass wir […] die ganze Zeit nicht mehr besuchen dürfen, ist es auch nicht :)

SMS vom 15.3.2020, 16:54 Uhr

Diese Aussage muss man sich einmal vor Augen führen: Die gesamte Containment-Strategie Österreichs basiert auf Isolation und der Minimierung der sozialen Kontakte auf das absolut notwendige Maß, um die medizinische Versorgungssicherheit für Personen in der Risikogruppe bestmöglich aufrecht erhalten zu können, in dem die Infektionskurve abgeflacht wird. Und dann bekommt man von der offiziellen Info-Hotline einen De-facto-Freibrief für die absolut nicht notwendige Kontaktaufnahme zu einer zur Risikogruppe gehörigen Person. Das kann es doch nicht sein, oder? Das Problem an dieser Information ist außerdem, dass man argumentativ nun doppelt herausgefordert ist: Es steht meine Hausverstandsmeinung gegen die des „medizinisch geschulten Personals bei der AGES“, ich muss also nicht nur die Hürde der Sache an sich überwinden, sondern auch noch das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit meiner Aussage herstellen.

Ich hoffe, mir ist es trotzdem gelungen, diesen Besuch zu verhinden. Wer wissen will, warum dieser Besuch so ein Problem wäre, der soll sich in aller Ruhe die Grafiken über die Verteilung des Coronavirus in Relation zur Altersgruppe und die wirklich sehr gut visuell aufbereitete Idee hinter der Eindämmungsstrategie, die praktisch alle Staaten (bis auf England) verfolgen, ansehen.