COVID-19, Tag 399: Entspannung im Burgenland. LOL. Not.

Donnerstag, 15. April 2021, Tag 399 der Corona-Pandemie. Während Wien und Niederösterreich die Lage in den Krankenhäusern, dort vor allem auf den Intensivstationen, entspannen wollen und daher den vierten Lockdown bis 2. Mai verlängern, schert das Burgenland aus. Gerade das Burgenland, das nur dann gut dasteht, wenn man sich die Situation sehr schön redet. Der Screenshot einer AGES-Grafik aus der ZIB2 zeigt das mehr als eindeutig. Wo man hier „Entspannung“ sehen kann, ist mir rätselhaft.

Screenshot ZIB2 vom 14.4.2021: Auslastung Intensivstationen mit COVID-19

Aber wir sind ja hier in Österreich, da gilt nicht die auf Zahlen und Erhebungen basierende Wahrheit, sondern die der Politik. Und das hat Martin Staudinger im FALTER.morgen-Newsletter treffend auf den Punkt gebracht.

Es hat nur ein paar Stunden gedauert, bis der designierte Gesundheitsminister […] einen Vorgeschmack darauf bekam, wie es so ist, bei der Pandemiebekämpfung mit der Expertise von Landeshauptleuten konfrontiert zu sein – zum Beispiel mit jener von Hans Peter Doskozil (SPÖ): Der ließ nach eingehender Betrachtung diverser Infektionskurven gestern mitteilen, im Burgenland bahne sich gerade eine „perfekte Entwicklung“ an. Deshalb bestehe kein Grund, sich im Pannonischen weitere zwei Wochen mit einem Lockdown zu belasten.

Martin Staudinger, FALTER.morgen vom 15.4.2021

Ich bin gespannt, wie sich das Erholungsgebiet Neusiedlersee und der Shoppinghorror das Einkaufsparadies Parndorf auf die Infektionszahlen im Burgenland selbst, aber eben auch in Wien und Niederösterreich auswirken werden. „Man muss abwägen,“ hat der Landeshauptmann in einem Interview gemeint. Es ist fast so, als ob der Staat die Katastrophe nicht wahrhaben wollte. Es wird beschwichtigt und vertuscht. Hans Rauscher zieht eine Parallele zu den Ereignissen vor 35 Jahren in Tschernobyl:

Ignoranz und Indolenz [müssen] nicht auf ein spätsowjetisches Diktatursystem beschränkt sein […]. Auch in den heutigen Demokratien gibt es genügend, die von einer „kleinen Grippe“ reden, und die Vertreter der Tiroler Seilbahn- und anderer Lobbys, die wir uns anhören müssen, klingen nicht viel anders als die Beschwichtiger und Vertuscher in der sowjetischen Machtstruktur. […] Schon jetzt [registrieren wir] im Zusammenhang mit Corona teils unehrliche bis verblendete Information der Regierung und der sonstigen Autoritäten, aber auch blanken Irrationalismus, Verschwörungstheorien und Realitätsverweigerung bei einer starken Minderheit der Bevölkerung. Der Kanzler erzählte uns erst kürzlich etwas von den „letzten Metern der Pandemie“, der zurückgetretene Gesundheitsminister wollte im Herbst nicht an eine „zweite Welle“ glauben.

Es gibt so etwas wie ein institutionelles Nichtwahrhabenwollen. Auch heute, auch bei uns.

Wenn der Staat die Katastrophe nicht wahrhaben will, Hans Rauscher

„Politische Verantwortung“ wird es dann wieder heißen und „neue Maßnahmen“ und „aus Fehlern gelernt“, während in den Krankenhäusern und den Intensivstationen die Leute dahinvegetieren. Aber was red‘ ich groß?! In meinem nähesten Umfeld hat es eine Bekannte erwischt und sie liegt mit Druck auf der Brust, einem Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, sowie Fieberschüben daheim und redet sich die Situation noch immer schön: es wäre ja nichts anders als eine Grippe. 🤦‍♂️