Kitboga, der sich auf YouTube einen Namen gemacht hat, in dem er Telefon-Scammer ewig lange in der Leitung hält und sie dann, kurz vor ihrem Ziel, massiv trollt, hat sein Level massiv erhöht. Er hat KI-Bots erstellen lassen, die darauf programmiert sind, sich so lange wie nur irgendwie möglich mit Scammern zu unterhalten und sie zu beschäftigen. Einerseits verhindern diese Bots, dass Scammer Opfer finden, die nicht erkennen, dass es sich um Scams handelt, andererseits bestrafen die Bots die Person im Call-Center, die sich dieser niederträchtigen Arbeit widmet, in dem sie ihre Lebenszeit vernichtet; denn die Aussicht auf Erfolg in einem Gespräch mit einem dieser Bots ist von Anfang an gleich Null.
Im oben eingebetteten Video erklärt Kitboga, wie die Bots erschaffen wurden, und spielt einige Samples vor, wie sich Dialoge mit den verschiedensten Bots anhören. Schon da geraten Scammer in Rage, bleiben aber teilweise länger als eine Stunde am Telefon, bis sie endlich verzweifelt das Gespräch abbrechen. Die Persistenz der Scammer ist gewaltig und ich kann verstehen, wieso es sich für die Betreiber solcher Callcenter lohnt, doch ordentliche Summen in dieses unschöne Spiel zu stecken. Es wird genügend Menschen geben, die auf diese Masche hereinfallen und sicherlich nicht unerhebliche Beträge an die Scammer überweisen oder ihnen in irgendeiner anderen Form gutschreiben.
KI-Bots, die Scammer lange in der Leitung halten, sind jetzt nicht wirklich neu. Letztes Jahr hat der Standard zum Beispiel über „Daisy“ berichtet, eine KI-Oma, die die Zeit von Scammern verschwendet, oder noch ein Jahr zuvor über „Apate“, ein System, das ebenso darauf aus ist, die Lebenszeit von Scammern zu vernichten. Und ja, der Standard hat auch über die Schattenseiten des Onlinebetrugs berichtet, woraus hervorgeht, dass auch Telefonscammer bisweilen zu ihrer Tätigkeit gezwungen werden.
Ich selbst wurde erst drei Mal in meinem Leben von Scammern angerufen. Jedes Mal von einer österreichischen Mobilfunknummer (!) und jedes Mal mit fadenscheinigen Begründungen, ich hätte hier oder dort Interesse an Krypto-Investments bekundet und um weitere Informationen gebeten, die man mir nun telefonisch mitteilen könne. Ich habe immer gleich als erstes nachgefragt, wo konkret ich denn mein Interesse bekundet hätte, und die Antwort darauf war sinngemäß „eine zum Thema Krypto relevante Website“, aber keine konkrete URL. Auf nochmaliges Nachfragen, welche Domain das denn genau gewesen sein soll, legte ein Scammer sofort auf, ein anderer versuchte einfach nur irgendeine Domain sehr undeutlich auszusprechen und legte erst nach einer dritten Nachfrage meinerseits auf. Der dritte meinte, dass er das nicht wisse, weil er damit nichts zu tun habe; er bekomme die Daten von einer anderen Abteilung. Immerhin, ein kreativer Zugang, die Rückfrage weniger wirksam zu machen. Aber er beging den Fehler, eine emotionale Komponente im Gespräch zu eröffnen und mich unhöflich zu nennen, weil ich ihn forsch und unfreundlich ansprach und ihn mit meiner Nachfrage in eine unangenehme Situation nötige. Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich Personen wie ihn verachte und hoffe, dass er weiterhin ein mieses Leben in seinem dreckigen Callcenter verbringt, und habe aufgelegt während er irgendetwas ins Telefon brüllend (!) antworten wollte.
Alle Anrufe fanden in englischer Sprache statt, alle Anrufer, bis auf den letzten, hatten einen Akzent, den ich in Indien, Bangladesch oder Pakistan ansiedeln würde. Alle drei wurden von mir gemeldet. Das geht unkompliziert über ein Webformular. Dieses Business gehört mit allen Mitteln gestoppt. Es darf sich einfach nicht mehr lohnen, ein ganzes Callcenter damit zu beschäftigen, Menschen übers Telefon oder sonst irgendwie zu betrügen. Und wenn es bedeutet, dass tausende junge Männer, die solche Telefonate führen, sich tausende Stunden mit lächerlichen KI-Bots unterhalten und so von echten Menschen ferngehalten, dann soll mir das recht sein. Immerhin ein sinnvoller Nutzen der Technologie.