Sonntagsarabesken #72

Ankunft in einer neuen Zufriedenheit. Die Berge sind über Nacht verschwunden. Nichts erinnert mehr an den Eisklang der Wiener Wintertage; die kältebekleideten Scheiben sind weit entfernt; und während hier ein leidlich warmer Wind den Schnee als Vorspiel zu neuem Frost in grauen Bächen verrinnen läßt, öffnet sich dort ein Fenster, das den Blick auf die von Vorzeichen des Frühlings geprägte Landschaft freigibt. In seinem Rahmen stehst Du und scheinst mir noch wunderbarer als in den Momenten, die uns gehörten. Ein spiegelndes, fein schimmerndes Traumbild. Nicht nur dieses Fenster öffnet sich: Du öffnest dich, in der Gewißheit einer unwiederbringlichen, filigranen, herrlichen Zeit; Du bist wunderschön, schöner als in den Momenten, die uns gehörten. Denn Dein Leben hat sich um Dich geschlossen. Alles heißt Dich willkommen. Es ist schmerzhaft und wohltuend zugleich, sich diese Szene vor Augen zu führen. Schmerzhaft, weil meine Gedanken sofort an die Leere der mich umgebenden Luft prallen, sich in ihr verfangen, zurückgeschleudert werden von einem durchsichtigen und einsamen Ort der Abwesenheit, Deiner Abwesenheit. Wohltuend, weil sich mein Denken heimlich mit dem von mir für Dich erträumten Gefühl zu mischen scheint, weil es sich auf diese Art erweitert und zu einem Teil des letzten und ersten Bildes wird, das ich von Dir im Gedächtnis und vor Augen behalten habe. So kann ich Dich sehen. Jederzeit. Das ist also mein Schweben zwischen den Welten: Ich bemerke Dein Fehlen noch in den kleinsten Dingen, ich fühle Dein Verschwinden selbst in den unbedeutendsten Spuren alltäglicher Oberflächlichkeit, die jetzt ganz eindeutig ihren Sinn verloren haben. Aber andererseits (und das ist die Hauptsache) tut es einfach gut, Dich glücklich zu wissen.