Suchtpotential nach 35 Minuten auf TikTok

Wer 260 Videos auf TikTok sieht oder 35 Minuten auf der Plattform bzw. in der App bleibt, ist sehr wahrscheinlich bereits süchtig.

Auf NPR (eines dieser alten Medien, die alle schlecht finden) ist ein faszinierender, ausführlicher und sehr detaillierter Artikel über den Effekt der TikTok-App (das ist eines dieser neuen Medien, die alle gut finden) auf Kinder und Jugendliche erschienen. Der Artikel basiert auf internen TikTok-Dokumenten, die im Rahmen eines Gerichtsprozesses bekannt und nicht genügend gut geschwärzt wurden, und zeigt, dass man über die Risiken, welche die App auf Kinder und Jugendliche hat, bescheid wusste, bewusst aber nichts dagegen unternommen hat.

TikTok determined the precise amount of viewing it takes for someone to form a habit: 260 videos. After that, according to state investigators, a user “is likely to become addicted to the platform.” […] While this may seem substantial, TikTok videos can be as short as 8 seconds and are played for viewers in rapid-fire succession, automatically, […] thus, in under 35 minutes, an average user is likely to become addicted to the platform.

NPR

Die Konsequenzen der Sucht sind aber massiv.

TikTok’s own research states that “compulsive usage correlates with a slew of negative mental health effects like loss of analytical skills, memory formation, contextual thinking, conversational depth, empathy, and increased anxiety,” […] In addition, the documents show that TikTok was aware that “compulsive usage also interferes with essential personal responsibilities like sufficient sleep, work/school responsibilities, and connecting with loved ones.”

NPR

Das ist aber erst der Anfang des Artikels. Es geht in Folge noch viel, viel weiter. NPR erwähnt die Schönheitsfilter, die TikTok für unsichere Userinnen und User bereitstellt, zeigt, wie der Algorithmus „schöne“ Menschen bevorzugt in die For You-Streams pusht oder bewusst das Entstehen von Filterblasen fördert, die wiederum (Stichwort #painhub oder #sadnotes) Auswirkungen auf die Laune von Userinnen und Usern haben, wie die Contentmoderation auf breiter Flur versagt und zig tausende Views von verstörendem, Selbstverletzung propagierendem oder Essstörungen feierndem Content ungehindert erreicht werden konnten, oder wie die TikTok-Policy, Userinnen und User unter 13 Jahren zu entfernen, de facto nicht eingehalten oder umgesetzt wird.

Und ja, natürlich sind das Neuigkeiten, über die wir alle ohnehin andauernd überall lesen. Abwesend wirkende Kinder, über das Maß hinausgehend und unerklärbar störrische Jugendliche, verblödende, aggressive und kontinuierlich gestresste Erwachsene sind bei all den Effekten, die so eine Plattform haben kann, mit eingeschlossen. Also wenn da auch steht, dass besonders Kinders und Jugendliche innerhalb von 35 Minuten ein Suchtpotential aufbauen, dann bedeutet das nicht, dass das nicht auch Erwachsenen passieren kann.

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