Unerwartetes nach einem unerwarteten Neustart des Mac

Vor etwa zwei Wochen missdeutete ich ein Zeichen. Während ich auf meinem Mac arbeitete und mich inhaltlich irgendwo zwischen HTML-Tags, E-Mails und Bildbearbeitung befand, startete der Computer plötzlich und unerwartet neu. Der Bildschirm wurde kurz dunkel, dann hellgrau mit einer Fehlermeldung in mehreren Sprachen. Der Computer hätte wegen eines Fehlers neu gestartet werden müssen.

Sobald der Schreibtisch wieder geladen und der Bildschirm mir anzeigte, was ich gewohnt war, kümmerte ich mich jedoch nicht mehr um diesen Fehler, da ich – nach kurzer Recherche – von einer Kernel Panic, ausgelöst durch ein fehlerhaftes Programm, ausging. Ich sollte die nächsten zehn Tage bestärkt in meinem Glauben, richtig gehandelt zu haben, verbleiben. Doch dann, letzten Donnerstag, abermals ein Neustart mit Fehlermeldung. Und am Freitag nochmal.

Ich suchte abermals nach der Fehlermeldung und stieß auf eine Apple-Support-Seite zum Thema Kernel Panic.

Führt Ihr Mac unerwartet einen Neustart durch, ist ein als „Kernel-Fehler“ bezeichneter Fehler aufgetreten. Nach dem Neustart wird der Hinweis angezeigt, der Computer sei wegen eines Problems neu gestartet worden. Der wahrscheinlichste Grund für diesen Fehler ist fehlerhafte Software. Ein Kernel-Fehler kann auch durch inkompatible Hardware, einschließlich externer am Mac angeschlossener Geräte, verursacht werden.

Apple bietet auf der gleichen Seite auch einen mehrstufigen Diagnoseplan an, mit dem sich der geneigte User mit Mut, Fleiß und einer gehörigen Portion Waghalsigkeit ins Fundament seines Betriebssystems begeben kann, also dorthin, wo kein Bildschirmhintergrund mehr scheint und keine Mouse mehr reagiert. Das Resultat dieses Wagnisses? Nachher haben wir entweder nur ein einziges, fehlerhaftes Programm gelöscht oder, am anderen Ende des Spektrums, wir haben das Betriebssystem komplett neu installiert (und, sofern kein Backup vorhanden ist, alle Daten verloren).

Analyse

Während des Lesens der von Apple auf der Support-Seite angeführten Schritte zur Fehlerbehebung überlegte ich nach möglichen Merkmalen, die den von Apple vorgebrachten Schilderungen entsprechen könnten.

Zuallererst sollte der Computer auf „fehlerhafte Software“ geprüft werden. Diesem Punkt konnte ich nicht viel abgewinnen, da sich die Software auf meinem Computer seit Wochen nicht geändert hatte und das letzte Betriebssystemupdate auch kein großes war. Diesen Fall konnte ich also ignorieren.

In Schritt 2 sollte der Mac im „sicheren Modus“ neu gestartet und eine Prüfung auf eventuelle Softwareaktualisierungen durchgeführt werden. Ich habe auch das ohne Probleme oder Auffälligkeiten durchgeführt. Auch Schritt 3, eine Prüfung auf „Plug-Ins“ oder „Ergänzungssoftware von Drittanbietern“ konnte kein Problem darstellen, da sich an der Konfiguration des Rechners ja nichts geändert hatte.

Schritt 4 benötigte einen Neustart und das gleichzeitige Drücken der Tasten der Tasten CMD ⌘ + SHIFT ⇧ + P + R und sollte so den Parameter-RAM zurücksetzen. Sobald der Startton ein zweites Mal ertönt, ist die Prozedur abgeschlossen und der Mac sollte in den normalen Benutzermodus starten.

Doch genau das geschah nicht.

Der hellgraue Bildschirm mit dem Apfellogo erschien. Darunter ein sich drehendes Rad und – und genau das passte nicht ins gewohnte Bild eines startenden Mac – ein Fortschrittsbalken. Immerhin, es tat sich was, denn der Fortschrittsbalken bewegte sich weiter; aber eigentlich sollte der da gar nicht sein.

Bei etwa einem Drittel des angezeigten Startvorgangs wurde der Bildschirm schwarz und der Mac startete abermals neu. Ich schaltete das Gerät nocheinmal ein, gleiches Prozedere. Nocheinmal; und wieder.

Der nächste Schritt der mehrstufigen Apple-Diagnose wäre gewesen, den Apple-Hardware-Test durchzuführen. Um ihn durchzuführen, startet man den Mac mit gedrückter „D“-Taste. Ich dachte, dass ich mein Problem vielleicht damit lösen könnte, doch ich gelangte gar nicht erst in den Diagnosemodus. Abermals: Apfellogo, sich drehendes Rad und Fortschrittsbalken. 20%, 30%, Schwarz.

Aus dem Backup

Da ich ein (mit SuperDuper! erstelltes) bootfähiges Backup meines Computers hatte, versuchte ich einen Startvorgang von der externen Festplatte aus. Ich schaltete den Mac ein und hielt die Optionstaste (ALT ⌥) gedrückt. Das sollte ein Auswahlmenü erscheinen lassen, in dem man das Startvolume auswählen kann. Im Menü erschien allerdings nur die Verbindungsmöglichkeit zum Internet, um eine Internet-Wiederherstellung durchzuführen, und die externe Festplatte, nicht aber die interne. Aha, dachte ich mir, hier liegt der Fehler! Die Samsung SSD hat den Geist also sehr frühzeitig aufgegeben; so ein Klumpert!

Ohne über die externe Platte hochzufahren, schaltete ich den Computer ab und tauschte die interne Festplatte gegen die vor etwas mehr als einem Jahr ausgebaute, ursprünglich mitgelieferte Platte, die ich (zum Glück) noch verfügbar hatte, aus. Obwohl der Startvorgang quälend lange dauerte, fuhr der Mac letzten Endes in den normalen Benutzermodus hoch. Während sich der Schreibtisch, den ich genau einen Tag vor dem Einbau meiner SSD in Benutzung hatte, lud (Erinnerungen!), ärgerte ich mich abermals über die Samsung SSD. Zweihundertundirgendwas Euro in den Sand gesetzt. Für etwas mehr als 1 Jahr. Das war ärgerlich.

Noch während die Daten, Updates und Sicherungen geladen wurden, bemerkte ich einige Verbesserungsmöglichkeiten für meinen Artikel über sichere Backups unter Mac OS X. (Die Wiederherstellungsprozedur musste vereinfacht und vor allem zeitlich minimiert werden. Der einzige Bereich auf meinem nunmehr neuen alten Mac, der topaktuell war und problemlos zur sofortigen Weiterverwendung bereit stand, war der Dropbox-Ordner. Außerdem wurde mir schmerzlich bewusst, dass die verschlüsselten Bereiche des Mac unbedingt auf eine Art und Weise gesichert werden müssen, die betriebssystemunabhängige (!) Mehrfachsicherungen möglich machte. Ebenso sind Online-Backups einerseits stetig, andererseits, vor allem was die Wiederherstellung angeht, teils unsicher, sicher aber sehr langsam; doch das ist ein anderes Kapitel.)

Immerhin ein Aufatmen. Ich konnte endlich weiterarbeiten.

Zu früh gefreut

Ich spielte alle seit etwas mehr als einem Jahr erfolgten Betriebssystem- und Programm-Updates ein und stellte die für mich wichtigen Daten aus dem Backup wieder her. Beim Einrichten der Mailkonten, einige Gigabytes an E-Mails mussten heruntergeladen und indiziert werden, passierte das Unerwartete. Wie schon zuvor startete der Mac neu und zeigt mir die mittlerweile schon bekannte Fehlermeldung an.

memtest_defekter_ram

Damit konfrontiert war ich fast schon erleichtert, da es eben nicht die SSD-Festplatte war, die das Problem verursachte. War es womöglich der Arbeitsspeicher? Immerhin, ich hatte vor zwei Jahren schon einmal ein Problem damit. Eines der beiden Module, die ich im Set gekauft hatte, war defekt gewesen und musste ausgetauscht werden. Aus diesem Grund wusste ich über das Programm „Memtest“ zum zuverlässigen Testen des Arbeitsspeichers bescheid, startete in den „Single User Mode“ und führte das Programm aus. Das Ergebnis: „Failure!“ in praktisch allen Tests. Um sicherzugehen, führte ich den Test mit jedem der beiden Module auf jedem Steckplatz aus, konnte den Fehler aber auf eines zurückführen. Drecks Corsair-RAM.

Da die Garantie für die RAM-Bausteine bei immerhin 10 Jahren liegt, fuhr ich mit dem kaputten Baustein zu e-tec, wo ich den Arbeitsspeicher vor etwa zwei Jahren gekauft hatte und forderte unter Nennung des Fehlers und meines Memtests einen Garantietausch ein. Die Abwicklung war kein Problem. Der Kundenbetreuer nahm das kaputte Modul an, informierte mich darüber, dass ich, da es Teil eines Sets war, das zweite Modul nachbringen müsste, händigte mir einen Beleg aus und nannte 2-3 Tage als Zeitraum für den Austausch.

Soweit, so gut.

SSD Firmware-Upgrade

plattentausch

Zuhause angekommen, tauschte ich das zweite, noch verbleibende Modul gegen die beiden ursprünglich mitgelieferten Module aus und tauschte die Festplatte abermals gegen die SSD-Platte aus. Wenn das Wochenende, mittlerweile war es Samstag Nachmittag, schon dahin war, konnte ich auch gleich das destruktive Firmware-Upgrade für die SSD durchführen.

Um das Upgrade durchzuführen, musste man (1) eine CD mit einem rudimentären Betriebssystem und dem Updater herstellen, den Mac (2) von der aus starten und (3) das Upgrade durchführen. Was mich allerdings etwas wunderte – Samsung, was ist dir da nur eingefallen?! – war die Angabe, im Installationsprozess einen „Power Cycle“ durchzuführen. De facto bedeutete das, dass ich die SSD-Platte ab- und anstecken musste, während der Computer eingeschaltet war. Bei einem Standgerät wäre das vermutlich weniger problematisch gewesen, bei einem Notebook, Samsung!, ist das Wahnsinn.

Dennoch. Ich hab’s hinbekommen.

Mac OS X Mavericks Neuinstallation

apple_fehler_6002f

Nachdem die Platte Es folgte eine komplette Mac OS X Mavericks Neuinstallation, bei der ich feststellen musste, dass die Wiederherstellung übers Internet nicht funktioniert. Bei jedem Versuch erhielt ich immer nur einen weißen Bildschirm mit einer Weltkugel in der Mitte, die mit einem Rufzeichen in einem Dreieck markiert war; drunter stand „apple.com/support“ und nochmal drunter: -6002F.

Installiert habe ich dann von der Backup-Platte aus. Danach (und bis jetzt) gab es keine unerwarteten Neustarts mehr. Alles funktionierte.

RAM ist da

Ein paar Tage später erhielt ich einen Anruf von e-tec. Die RAM-Module sind da, ich möge doch bitte mit dem zweiten RAM-Modul vorbeikommen und wir können den Garantiefall zu einem Abschluss bringen. Da ich alles schon bereit hatte, sollte das rasch erledigt sein.

Angebliche Corsair Austauschware

Bei e-tec verschlug es mir dann aber kurzfristig die Sprache. Ich wies meinen Abholschein vor und erhielt dann vom Kundenbetreuer eine (1) mit Tixo notdürftig zusammengeklebte, (2) offensichtlich mehrfach verwendete, (3) alte, (4) abgegriffene und (5) nicht geschlossene Verpackung vorgelegt, in der zwei RAM-Module waren, die ebenso (6) bereits benutzt wirkten. Ich fragte nach, ob das tatsächlich die von Corsair ausgetauschte Garantieware sei und erhielt zur Antwort, dass Corsair das immer so mache: Garantiefälle werden von Kunden eingesandt, bei Corsair getestet und, wenn in Ordnung, in der eingesandten Verpackung wieder zurückgeschickt. Dass man da ein Modul bekommt, das bereits jemand verwendet hat, sei normal.

Ware kommt geöffnet vom Hersteller?

Ich bestand auf Neuware als Ersatz, was offenbar kein Problem zu sein schien. Ich wurde noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass das (Blick auf die in Punkten 1-6 defekte Ware) üblich sei, „aber wenn Sie darauf bestehen… es dauert halt eine Woche mindestens“. Was ich denn nun mit dem (1-6, selbst die Leserschaft hat’s schon kapiert) tun solle? „Mitnehmen oder hier lassen. Wie Sie wollen!“ Um die fotografische Dokumentation durchzuführen, nahm ich die Verpackung mit.

Etwa eine Woche später erhielt ich eine weitere Benachrichtigung und diesmal war die auf Garantie ausgetauschte Ware Neuware. Faith in humanity restored.

Was haben wir daraus gelernt?

Zuallererst: Backups, Backups, Backups. Ohne meinen Festplattenklon hätte die Wiederherstellungsprozedur ganz anders ausgesehen und der Datenverlust wäre erheblich gewesen. Sicherlich, es gab noch immer das (Backblaze-) Onlinebackup, doch kommt es bei der Selektierung und der Aufbereitung der gesicherten Daten zu enormen Latenzen, die in manchen Fällen einfach nicht sein dürfen. Außerdem habe ich mich über die wirklich nicht zufriedenstellende Datensicherung von SuperDuper! geärgert. Weil SuperDuper! die Recovery-Partition nicht mitgesichert hat, musste ich durch die System-Neuinstallation eine weitere Verzögerung hinnehmen. (Das Time Machine-Backup, nur so nebenbei, habe ich überhaupt nicht benützt.)