Zu den Google Fonts-Abmahnungen 🤦

Der erfolgte Datenverlust verursacht erhebliches Unwohlsein und nervt massiv. 🤦

Meines Erachtens nach wurde ohnehin schon alles in den Medien und in diversen, aus Anlass der Abmahnung erstellten Websites gesagt. Ich habe mich schon beim Google Fonts-Fall in München kopfschüttelnd gewundert, jetzt haben wir nahezu die gleiche Argumentation in Österreich. Anwaltsdeutsch für „Ich habe eigentlich kein Problem, muss es aber so klingen lassen als ob, denn nur so komme ich ans Geld heran“. Das sind dann Formulierungen wie diese hier:

Der erfolgte Kontrollverlust über ein personenbezogenes Datum […] verursacht meiner Mandantin erhebliches Unwohlsein und nervt sie massiv. Die Datenweitergabe […] stellt für meine Mandantin einen tatsächlichen und spürbaren Nachteil dar.

Zitat aus dem Mahnschreiben, derstandard.at

Ich frage mich natürlich, wie sich der Kontrollverlust bei der Telematik im Auto, bei der Videoüberwachung in verschiedenen Gebäuden und bei ähnlichen Übertragungen von Daten bei Services anfühlt, die die Mandantin sehr wahrscheinlich tagtäglich nutzt. Es ist einfach so dermaßen ungut, das alles.

noyb hat das letztes Jahr deutlich eleganter gelöst. Die Organisation hat auch „Mahnschreiben“ geschickt, allerdings ohne jegliche Formalität, sondern als Hinweis, den ja doch einige befolgt haben.

noyb [hat] eine Software entwickelt, die verschiedene Arten von rechtswidrigen Cookie-Bannern erkennt und automatisch Beschwerden generiert. Bevor die formalen Beschwerden eingebracht werden, haben die Unternehmen ein Monat Zeit ihr Cookie-Banner an die rechtlichen Anforderungen anzupassen.

noyb.eu

Die Organisation hat sogar Anleitungen erstellt, wie die Banner korrekt zu konfigurieren sind. Das schafft Bewusstsein für die DSGVO, nicht die peinliche Nummer, die in der letzten Woche Arbeitsstunden vernichtet hat.

Aber gut, das geht ja jetzt ohnedies in eine weitere Runde

Aktualisierung am 28. August 2022

Anwalt klagt Abmahnanwalt. Die Selbstreinigung des Systems hat begonnen. Und ich lache noch immer über die Beschreibung der Gefühle und das „Unwohlsein“ der Mandantin als Begründung für den Impetus, einen Bot zu schreiben (sehr wahrscheinlich) und dann 50.000 (!) Websites mit einer Abmahnung von EUR 190 zu konfrontieren (so zumindest die genannte Zahl im verlinkten Artikel). Vielleicht mag sie die Farbe Rot auch nicht? Oder bekommt einen Ausschlag, wenn sie ein Copyright-Zeichen auf einer Website sieht? Meine Güte, Eva, worauf hast du dich da eingelassen bzw. wozu hat man dich da überredet?!

Aktualisierung am 5. September 2023

Die Posse hat ein Ende.

„Weder ist der Klientin der Nachweis gelungen, dass die Datenweitergabe in die USA überhaupt passiert ist, noch konnte sie nachweisen, worin ihr Schaden konkret liegen sollte […] In Anbetracht der klaren Ergebnisse des Beweisverfahrens hat die Klientin des Abmahnanwalts unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung auf alle Ansprüche verzichtet […] Dem Versuch der Klientin, die Schutzbestimmungen der DSGVO für ihren finanziellen Vorteil zu nutzen, wurde damit ein Riegel vorgeschoben. [Das Urteil sei] wegweisend für tausende betroffene Unternehmen in Österreich, da es nahelegt, dass der Abmahnanwalt sämtliche Aufforderungsschreiben nach demselben Prinzip erstellt hat. Das Urteil zeigt somit, dass es sich auch im Datenschutzrecht lohnt, seine Rechte gerichtlich durchzusetzen.“

Pressemeldung, zitiert im Standard

Endlich. Die angeblich in ihrem Unwohlsein Gestörte darf nun zahlen und ihr Anwalt findet nur noch schwierige Mandanten, wenn ich ihn in einem der ganz seltenen Auftritte im Fernsehen richtig verstanden habe.

Na das war wieder nötig.

Aktualisierung am 9. Oktober 2023

Es nimmt doch kein Ende. Nun kommt der Gegenschlag.

Der Vorarlberger Unternehmer Maximilian Zumtobel, einer der Adressaten des Schreibens, hat […] eine Feststellung eingeklagt, dass der im Abmahnschreiben behauptete Schadenersatzanspruch nicht besteht. Das Gericht stufte ihr Verhalten als „rechtsmissbräuchlich“ ein und hält – nicht rechtskräftig – fest, dass der Abmahnschreiberin keine 100 Euro für „immateriellen Schaden“, keine Rechtsanwaltskosten von 90,– Euro und keine Auskunft laut DSGVO zusteht. Dafür muss sie die Gerichtskosten von gut 3.000 Euro zahlen sowie Schadenersatz […] leisten. […] Die Verfasserin der Abmahnschreiben habe zwar mitten im laufenden Verfahren auf ihre Ansprüche verzichtet, Zumtobel habe diesen Verzicht aber nicht angenommen. Daher sei es nun zum Urteil des Gerichts gekommen […]

Der Standard

Gut so! Und „rechtsmissbräuchlich“ trifft den Nagel auf den Kopf.

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