COVID-19, Tag 500: Wie konnte das passieren?

Sonntag, 25. Juli 2021, Tag 500 der Corona-Pandemie. Wie konnte es soweit kommen, wie konnte das passieren? Der 13. März 2020, der Tag der Ankündigung von Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus, ist nun 500 Tage her. In diesen 500 Tagen hat sich mein Bild von Politik, Gesellschaft und Wissenschaft stark gewandelt, vor allem aber auch das einiger meiner Mitmenschen. Die 500 Tage haben ans Tageslicht gebracht, was sich in einigen Fällen schon davor abgezeichnet hat, in vielen aber plötzlich und überraschend kam.

Die Impfung (und damit die Aufteilung in Gegner, Skeptiker und Befürworter) ist zum Beispiel eines dieser Themen, das aus der Natur der Sache heraus keine Grauzonen frei lässt und sich durch die mittlerweile vergangene Zeit auf eine binäre Entscheidung reduziert hat. Wer bis heute nicht geimpft ist (valide Gründe, die dagegen sprechen, sind natürlich ausgenommen), ist Impfgegner. Der Skeptizismus – in Wirklichkeit ja auch nur ein bestimmtes, einen Schwellenwert (nicht) überschreitendes Ergebnis einer Wahrscheinlichkeitsabwägung – ist in meinen Augen der Delta-Variante zum Opfer gefallen. Zu groß ist ihr Einfluss, um hier noch Schwankungsbreiten in der Entscheidungsfähigkeit zu haben.

Man kann aber natürlich hergehen und vor der Entscheidung flüchten – ein wenig Distorsion in der Wahrnehmung der Welt tut uns allen zeitweilig gut -, aber irgendwann ist auch Schluss. Und wenn die Existenz des Virus infrage gestellt oder die zugehörige Krankheit (und die Maßnahmen dagegen) als Erfindung, Schikane oder sonst irgendein Eingriff auf die eigene Freiheit interpretiert wird, dann sollte man dieser Argumentation bereits mit… nun ja… Skepsis begegnen. „Eigene“ und „Freiheit“ sind immer Begriffe, die viel zu schnell von einer (ideologischen) Intention, zuerst schleichend, dann lauter und lauter vereinnahmt werden. Wer „wir“ schreit, ist in den meisten Fällen eben nicht „das Volk“, und wer vorgibt, zu verstehen, was „die Menschen wollen“, versteht es nicht. – Und schon bemerken treue Leserinnen und Leser, wie schnell aus Skepsis („infrage stellen“, „interpretieren“) Urteil („Eingriff“) wird. Die Wortwahl und die der Argumentation inhärente Kausalität kann Berge versetzen, ich sag’s euch! 🤯

Doch zurück zu 500 Tagen Coronapandemie. Was haben wir also gelernt? Wir wurden wieder einmal daran erinnert, wie fragil die Stabilität ist, in der wir leben, und wie leicht sie ins Wanken gebracht werden kann. (Meine Güte, ich hätte mir nie gedacht, dass es so dermaßen leicht gehen würde!) Wir wurden daran erinnert, dass Miteinander manchmal eben auch Pflicht oder Verzicht zugunsten der Gemeinschaft bedeuten kann; das stellt das Wir nicht infrage, sondern bestätigt es. Und wir wurden daran erinnert, dass wir echte Probleme alleine mit Sicherheit nicht lösen werden können. (Die Individualisierung kann zwar Spaß machen, aber tatsächliche Probleme löst sie nicht.) Und wir haben gelernt, dass zu viel utopisches Denken, zu viel ideologisch gesteuertes Verstehen ein Problem ist. Manchmal ist es gut, die Dinge praktisch anzugehen und seinen Stand am Boden der Realität zu haben. Mal sehen, was in den nächsten 500 Tagen passieren wird.

Ich werde meinen Fokus jedenfalls wieder etwas von der COVID-19-Serie abwenden und mich meinem üblichen Raunzen, dem Datenschutz und der Netzkultur widmen.