De Bakkerswinkel in Amsterdam

Was fehlt dem Österreicher, was ein Holländer hat? De Bakkerswinkel, eine Bäckerei/Konditorei, die den ganzen Tag lang frische Köstlichkeiten herstellt und sie Gästen auch gleich in der Backstube serviert. Ich habe, wie nicht anders zu erwarten, De Bakkerswinkel für ein Frühstück gewählt und wurde nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil: Mein Frust mit dem, was uns in Österreich geboten wird, ist gestiegen.

Ich habe im Bakkerswinkel ein französisches Frühstück bestellt. Was erwartet jemanden in Österreich, der sowas bestellt? Man bekommt ein lätschertes Croissant, eine schwammige Semmel, ein Marmeladepackerl (womöglich gar Erdbeermarmelade!), eine steinharte in Folie verpackte Butter, einen unfreundlichen Kellner oder eine überhebliche Kellnerin, Zigarettenrauch vom Nachbarn, ekelhaften Kaffee oder billigen Packerltee und zahlt dafür 7 Euro. Nicht so im Bakkerswinkel.

Die Kellnerin kommt an den Tisch, hockt sich neben uns nieder, erklärt, was all das Niederländisch auf der Speisekarte bedeutet, lächelt, ist freundlich und nimmt unsere Bestellung entgegen. Habe ich erwähnt, dass sie sehr gut Englisch spricht? (Habe ich erwähnt, dass kein Kellner in Österreich auch nur halbwegs Englisch sprechen kann? Das wäre wieder Input für die Bildungssystemdiskussion in diesem Lande!)

Während das Frühstück zubereitet wird, sehe ich mir De Bakkerswinkel näher an. Man fühlt sich einfach wohl in dieser zum Café umgebauten Bäckerei. Rechts vom Eingang werden Torten hergestellt, Brot wird gebacken und der Konditormeister vollführt seine Tätigkeit sichtlich gut gelaunt. Gleich gegenüber werden die Waren verkauft. Urig ist es hier, und doch in gehobener Atmosphäre. Dass die Kasse und das Pult des Verkaufsstandes voller Brösel und Mehl ist, stört hier niemanden, dass die Verkäuferin Flip-Flops trägt und andauernd telefoniert, ebensowenig. Jeder geht hier seinen Dingen nach und niemand versucht, erzieherisch tätig zu sein. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass wir es mit einem jungen Team zu tun haben… Von meinem Platz aus ist der Eingang links. Zu meiner Rechten gibt es noch ein paar Tische; gleich rechts sitzt ein Homopärchen und schiebt sich gegenseitig Süßigkeiten in den Mund, dahinter zwei ältere Amerikanerinnen, die in ihrer typisch überzogenen Art der Kellnerin gerade mitteilen, wie schön es doch nicht hier sei und dass sie auf jeden, aber auf jeden Fall dieses Lokal weiterempfehlen würden, und bla, bla, bla – ich habe sowieso alles fotografiert; weiter hinten lesen ein paar Einheimische die Tageszeitung und schlürfen heiße Schokolade oder Tee. Kaffee scheint hier weniger getrunken zu werden. Mir fällt in dem Moment auf, dass auch ich Earl Grey und nicht den üblichen Espresso bestellt habe. Hinter den Tischen beginnt die Werkbank. Dort wird gekocht, hergerichtet und garniert. Und wiederum dahinter gibt es abermals Tische. Man ist als Gast im wahrsten Sinne des Wortes von Bäckern, Kellnern und Konditormeistern umgeben. Was ist das? Genau das Prinzip, das in Österreich mit dem hässlichen Wort „kreativ“ gefesselt wird.

Das Frühstück kommt. In seiner Einfachheit nicht zu übertreffen (oder wäre jetzt das Wort unterbieten passender?): Ein simpler Brotkorb, angefüllt mit Rosinenbrot, frischem Baguette, braunem und schwarzem Brot. Dazwischen – im Brotkorb – liegen Messer, Löffel und Butter. Die Kellnerin stellt zwei Marmeladegläser und Teller auf den Tisch, bringt den Tee und wünscht Guten Appetit.

Ich habe selten so frisches, knuspriges und wohlschmeckendes Gebäck in Österreich bekommen. Selbst in den besten Lokalen gibt es das nicht, geschweige denn bei Anker, Mann und Co. Was kann ein tiefgefroren angeliefertes Haltbarsemmerl gegen ein frisches, händisch zusammengemurkstes Weckerl anrichten? Gar nichts! Was kann eine d’arbo-Packerlmarmelade gegen selbstgemachte Zitronenkonfitüre, was steinharte Teebutter gegen leicht salzige, streichfähige Butter? Ach, es ist jammerschade in Wien Frühstücken zu müssen! Eines, aber, sei der werten Leserschaft noch gesagt: Es war eines der besten Frühstücke, die ich jemals zu mir genommen habe! Und zwar in allen Punkten: Freundlichkeit der Bedienung, Auswahl, Umgebung, vor allem aber in der Qualität der Speisen! Da können mir Gloriette, Griensteidl und Landtmann gestohlen bleiben, wenn eine einfache Bäckerei in Amsterdam das wesentlich besser hinkriegt!

De Bakkerswinkel
Amsterdam Centrum
Warmoesstraat 69, 1012 HX Amsterdam
Tel 020-489-8000

P.S.: Ich bin mir sicher, jeder, der öfter im Ausland ist, kann mir bestätigen, dass der Qualitätsfaktor in kulinarischen Belangen in Österreich öfter immer vernachlässigt wird.