Genauso langweilig wie dein Smartphone

Ich weiß nicht, worum es Adam Popescu in seinem Artikel über die Sucht nach dem Smartphone eigentlich geht, denn der Horizont, den er abdeckt, erstreckt sich von physischen Schmerzen („when we bend our neck to text or check Facebook, the gravitational pull on our head and the stress on our neck increases to as much as 60 pounds of pressure“) über asoziales Verhalten („that ‚always-on‘ behavior that smartphones contribute to causes us to remove ourselves from our reality“) bis hin zu den Problemen einer heranwachsenden Generation von Menschen („children now compete with their parents’ devices for attention, resulting in a generation afraid of the spontaneity of a phone call or face-to-face interaction“). Lesenswert ist der Artikel trotzdem. Vor allem der Etikette- und Verhaltenstipp ganz zum Schluss ist Gold wert: „Never be the first person in the group to whip out his phone […] Don’t be Patient Zero.“

Die Aufforderung wirkt auf den ersten Blick wie ein verkrustetes Argument gegen die Nutzung des Smartphones. Einen Schritt weiter gedacht, ist sie aber viel mehr eine Schutzklausel vor der eigenen Blödheit. Denn die Person, die den gestrigen Tag, ein Treffen mit Freunden oder die Eindrücke eines Ausflugs nicht ohne Zuhilfenahme eines Smartphones beschreiben kann („Wart‘ kurz, ich zeig’s dir gleich!“), die Facebook-, SMS- oder Mailverläufe nicht auf den Punkt bringt, sondern jede einzelne Nachricht vorliest („Schau, was der da schreibt!“), die also durch den dauerhaften Blick aufs Smartphone beweist, nicht in der Lage zu sein, einfache Zusammenhänge und Abfolgen auf für die Zuhörenden interessante Elemente zu reduzieren und die Sache eventuell sogar zu abstrahieren, um sie im Kontext der aktuellen Situation nutzbar zu machen, ja, so eine Person halte ich schlichtweg für dämlich.

Ich habe genügend Lebenszeit damit verschwendet, Menschen zuzusehen, wie sie sich in der Vielzahl von Apps auf ihrem Smartphone verlieren, weil sie mir unbedingt ein Video, ein Bild oder einen Nachrichtenverlauf zeigen oder – noch viel schlimmer – vorlesen (oder kommentieren) müssen. Ich glaube, ich lehne mich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass wir uns alle mehrmals pro Woche in der Situation wiederfinden, in der die Fluchtreflexe (vor der Langeweile) von der Höflichkeit (sich den Blödsinn am Smartphone nun doch anzusehen) unterdrückt werden. Und wofür das alles? Für ein drittklassiges Video, eine ohnehin unverständliche Lappalie oder irgendeinen anderen „Inhalt“, der uns, wenn wir ehrlich mit uns selbst sind, nicht die Bohne interessiert. Haha, sehr lustig. Kann ich bitte gehen?

Bevor das Smartphone herhalten muss, hat man ja noch irgendwie die Chance, Inhalte halbwegs interessant zu präsentieren – und wenn der Inhalt auch unter der Leuchtkraft von Mimik, Gestik und Intonation untergeht. Ist das Smartphone aber einmal draußen – „don’t be patient zero!“ – dann ist es zu spät. Spätestens dann ist klar: du bist nicht nur unfähig, den Inhalt zu vermitteln, sondern genauso langweilig wie die Inhalte auf deinem Smartphone.