Liessmann über die Renaissance des Lehrers

In einem bemerkenswerten Artikel, in dem der Philosoph Konrad Paul Liessman zum Vorhaben, alle Schüler mit Tablets auszustatten, Stellung nimmt (und dabei die Auslagerung des Wissens in digitale Archive kritisiert), kommt er auch auf die Renaissance des Lehrers zu sprechen, den er als einen Navigator durch eine von Unsicherheit geprägte Welt sieht. Ich sehe in seinem Beispiel zwar noch keine Qualifikation, die über die Kompetenz, ein bestimmtes Alter überschritten zu haben, hinausgeht, kann aber die Stoßrichtung seines Arguments gut nachvollziehen.

Wenn man nicht mehr weiß, nach welchen Algorithmen Informationen gefiltert, […] ob Nachrichten digital gefälscht oder manipuliert wurden, dann steigt die Bedeutung des menschlichen Faktors. Plötzlich sind Menschen interessant, die mit solchen Fragen umgehen können, weil sie ein bisschen nachgedacht, geforscht und ein paar Bücher gelesen haben, weil sie zum Beispiel historische Kenntnisse haben. Wie oft werde ich mit der Frage konfrontiert: Ist es nicht entsetzlich, dass plötzlich an Qualitätsmedien gezweifelt wird und es diese Kritik an der sogenannten Lügenpresse gibt? Früher war das doch ganz anders. Ich kann mich nur wundern über diese Geschichtsvergessenheit. Ich wuchs auf in einer Zeit, in der es von der anderen Seite, von links, selbstverständlich war, dass alle bürgerlichen Zeitungen für Lügenpresse gehalten wurden – weil im Dienste des Imperialismus und Kapitalismus stehend. Allein dieses Wissen würde uns davor bewahren, jeder Dummheit, jedem Hype, jeder Empörung und jedem Fake auf den Leim zu gehen. Dazu brauchte es aber auch mutige und fachlich qualifizierte Menschen, wie es Lehrer sein sollten. Aber dieses Wissen wird nicht vermittelt werden, nur weil jemand ein Tablet in der Hand hat und hektisch darauf herumwischt, während der Lehrer sich vornehm auf die Rolle des moralisierenden Begleiters zurückzieht.

Was für eine schöne Vorstellung von der Intention eines Lehrers, „wie es Lehrer sein sollten.“