Ramona Dixon

ramona dixon

Kurz, nachdem ich mich bei Flickr angemeldet habe, hat mich Ramona Dixon, ein bekanntes Flickr-Mitglied zu ihrer Freundesliste hinzugefügt. Der Kontakt wurde durch einige Kommentare, die sie auf ein Foto eines Heurigen in Wien geschrieben hatte, hergestellt; sie hatte denselben Heurigen auch in ihrer Galerie abgebildet.

Ramona, eine attraktive, junge, bisexuelle Anwältin aus Neuseeland, hatte nicht nur einen Ehemann (Aron) und zwei Kinder, sondern auch eine Freundin namens Shauna, die genau das Gegenteil von Ramona verkörperte. In ihrer Galerie gab es neben Familienbildern und Bildern von Firmenpartys auch hin und wieder explizitere Bilder; in den Kommentaren, das konnte Ramona gut, flirtete sie häufig mit den Kommentatoren beiden Geschlechts. Kurzum: Ramona war keine Unbekannte und früher oder später hatte sie jeder auf ihrer Friends-Liste. Wie sie soviel Zeit für das alles als Anwältin hatte, konnte ich mir zwar nicht erklären, aber sie bezeichnete sich ja auch als “Manager of an International Law Firm” und nicht als Anwältin an sich.

Ich zerbrach mir über all das nicht den Kopf und schätzte ihre Kommentare auf meine Bilder und kommentierte hin und wieder in ihrer Galerie. So wie viele andere Flickr-Mitglieder auch.

Doch eines Tages wurde durch ihre Bilder klar: Ramona hatte einen Gehirntumor und war im Krankenhaus. Um weiterhin Fotos hochladen zu können, verwaltete Shauna, ihre Freundin, die Galerie. Tausende Genesungswünsche wurden kommentierte, Flickr-Mitglieder mit ähnlichen Geschichten gaben diese in den Kommentaren zu Ramonas Bildern preis, Spendenaufrufe nicht geringen Ausmaßes wurden organisiert. Die emotionalen Nachrichten in Form von Kommentaren zu Ramonas Krankheit, die vielen persönlichen Schicksäle, die hier öffentlich erzählt wurden, kreierten das Bild einer zusammenhaltenden Community, die weit über das reine Fotografieren hinausging. Alle, alle wurden getäuscht.

Von einem Tag auf den anderen verschwand Ramona Dixon von Flickr. Das Konto war gelöscht worden, alle Bilder verschwunden.

Alan Jordan, dem zuvor schon Unregelmäßigkeiten in Ramonas Galerie aufgefallen waren, löste das Rätsel ums Verschwinden Ramonas: Ramona Dixon gab es nie! Shauna, ihre angebliche Freundin, hatte sich eine vollständige zweite Persönlichkeit auf Flickr aufgebaut und damit tausende Mitglieder des Dienstes geprellt.

Was zuvor niemandem aufgefallen war:

  • Ramona Dixons Mann, Aron, starb lange bevor ihre Kinder zur Welt kamen.
  • Die Fotos von Ramona und Aron am Strand waren sehr dunkel. Hellte man die Bilder in einem Bildbearbeitungsprogramm auf, konnte man klar erkennen, dass der Mann neben Ramona definitiv nicht Aron war.
  • Ramona hatte Bilder eines Bodypaintings online gestellt. Diese Fotos wurden ursprünglich von einem anderen Fotografen hergestellt, die Copyrighthinweise wurden entfernt.
  • Als Ramona ins Krankenhaus eingeliefert wurde, fragten einige Flickr-Mitglieder nach dem Krankenhaus und der Zimmernummer, um Genesungswünsche und Spenden hinschicken zu können; darauf wurde niemals geantwortet.
  • Ramona beantwortete E-Mails weniger als 24 Stunden nach einem schweren operativen Eingriff. Das ist unmöglich.
  • Als erste Zweifel an bestimmten Fotos in Ramonas Galerie aufkamen, verschwanden diese plötzlich.

Ramona war ein Hoax, den sich Shauna ausgedacht und perfekt durchgeführt hatte. Ein Hoax sollte aber niemandem schaden, der Ramona-Dixon-Hoax verletzte sehr viele Menschen, die offen über ihre Gefühle sprachen, selbst davon betroffen sind oder indirekt mit Krebs zu tun haben.

Alan Jordan:

This pic is for the people who got sucked into this hoax, including a friend of mine who lost a wife to cancer and wanted to lend his support to Ramona. It’s also for the people on flickr like Sara Heinrichs (awfulsara) who is actually dealing with cancer right now. It’s also for the people who helped me do the fact checking that Glenn couldn’t be bothered to do. Lastly it’s also for a woman out there who’s pictures were used to gain the attention and popularity that Shauna was never able to garner for herself.

Noch ein paar interessante Dinge:

  • Ramona Dixon – oder wer auch immer – hat am 19. Februar 2006 eine Diskussion mit dem Thema “People who pretend to be someone else…” losgetreten, in der sie eine dritte Person beschuldigt, nicht die zu sein, als die sie sich darstellt.
  • Dieser Cartoon aus dem New Yorker bringt den Fall Ramona Dixon auf den Punkt.
  • Es gibt eine eigene Flickr-Diskussionsgruppe zum Thema “Frauds on Flickr”.
  • Ramona Dixon – oder wer auch immer – hat eine Flickr-Gruppe zum Thema “Addicted” gegründet.

Und jetzt, nach all dem: Das Bild oben ist definitiv nachbearbeitet worden. Es gibt Unmengen an Fehlern, die das beweisen. Wieviele?