Vor ein paar Tagen haben Yoast (die Firma hinter dem gleichnamigen SEO-Plugin für WordPress) und Elementor (die Firma hinter dem gleichnamigen Page-Builder-Plugin für WordPress) eine Partnerschaft angekündigt. Viel Lärm um nichts, in Wirklichkeit geht es nur darum, dass das SEO-Modul nun endlich auch mit dem Elementor Page-Builder funktioniert.
Both Yoast SEO and Elementor power a vast amount of WordPress sites. In 2020, Elementor crossed the five million active WordPress installs, while Yoast SEO crossed eleven million. This puts both plugins firmly in the top five most popular WordPress plugins in the world.
The Yoast and Elementor partnership: building easy and SEO-friendly websites together
Ich persönlich glaube ja, dass diese Zusammenarbeit weniger mit dem PR-Gebrabbel zu tun hat, das man aufseiten Yoast findet, sondern viel mehr damit, dass der von allen Seiten gelobte Newcomer am Markt für SEO-Plugins – RankMath – die Elementor-Integration schon seit Ende Juli anbietet und hier Yoast SEO schlicht und einfach das Wasser abgegraben hat. Aber das ist nur Spekulation und tut nichts zur Sache.
Mein Punkt hier ist eigentlich ein anderer: Als ich von der Zusammenarbeit und der Integration dieser beiden Giganten am WordPress-Plugin- und Editor-Markt gelesen habe, war ich nicht nur begeistert.
Sicherlich ist die nahtlose Integration der beiden Module eine super Sache. Immerhin ermöglicht es Elementor Endnutzern tatsächlich so etwas wie Nutzerfreundlichkeit beim Erstellen und Gestalten von mit WordPress betriebenen Websites, wie man sie sonst nur von SaaS-Lösungen wie WIX oder Squarespace kennt, zu erleben. Yoast SEO sorgt nun dafür, dass die so zusammengeschusterten mit aufwändigen Animationen liebevoll gestalteten Seiten auch den Aspekt der Suchmaschinenoptimierung – das große Hinkebein der Pagebuilder – berücksichtigen können.
Auf der anderen Seite entsteht durch diese Partnerschaft – leider, allerdings! – eine noch größere Sogwirkung vonseiten der User in Richtung Page-Building mit WordPress. Ein unschöner Trend, der vor zwei Jahren mit dem überstürzten Wechsel des Standardeditors hin zu Gutenberg eingeleitet wurde und seitdem zu Verwirrung bei Endnutzern und Ungemach bei Entwicklern geführt hat.
Ich bin der Meinung, dass Redaktion und Gestaltung strikt voneinander getrennt sein sollten. Das bedeutet nicht, dass es redaktionell nicht möglich sein sollte, zum Beispiel Bilder oder Videos an bestimmten Stellen im Beitrag anzuzeigen oder diese Medien zu nutzen, sondern, dass die redaktionelle Arbeit darin besteht, die Medienelemente mit Bedeutung auszustatten („das ist das Beitragsbild“, „das ist ein erklärendes Video“, „das ist ein Zitat“, „das ist ein Testimonial“) und die der Website zugrundeliegende Programmierung darauf ausgelegt ist, die Elemente an der jeweils richtigen Position auszuspielen, anzuzeigen, zu formatieren, usw. – So sind Daten und Layout voneinander getrennt und können im Nachhinein wieder gut angepasst und aktualisiert werden. Ist die Unterscheidung einmal gebrochen und die beiden Aspekte werden vermengt, ist eine Aktualisierung in Masse kaum mehr möglich. Alle, die schon einmal in Word eine längere Abschlussarbeit geschrieben und Überschriften, Beschriftungen, usw. nicht mit den dafür vorgesehenen Formatvorlagen formatiert haben, haben es sicher schon erlebt, wie qualvoll zB das Erstellen eines Inhaltsverzeichnisses mit unstrukturierten Daten ist. Dasselbe gilt für Websites. Ist erst einmal die strikte Trennung zwischen Daten und Design gebrochen, wird es später – wann auch immer das sein mag – sehr kompliziert und aufwändig werden, Modifikationen en masse durchzuführen. Greg Schoppe hat den Aspekt der Trennung von Layout und Daten schon vor drei Jahren in einem bitterbösen Artikel angesprochen; was ist geschehen? Alle Befürchtungen sind eingetreten und die Großen (im konkreten Fall Yoast SEO und Elementor) gehen nun ihren Weg, um den Markt unter sich aufzuteilen und den Sog in Richtung Page Builder noch zu stärken.
Ich meide Elementor (und andere Page Builder), wo es nur geht. Die Code-Qualität ist katastrophal, die Performance leidet massiv darunter und treibt Nutzerinnen und Nutzer in die Hände von dafür optimierten Services wie Leadpages und anderen, tatsächlich woanders gehosteten Page-Buildern. Doch wie weit kann man sich vor einem Trend schützen, der nun potentiell 11 + 5 Millionen User hat? Ein Markt ist ein Markt und es wird nicht lange dauern, bis auch die besten und bislang noch dem Coding-Handwerk treuen Angebote die Krot schlucken und ihre Angebote für Page-Builder optimieren und diese in meinen Augen mehr als suboptimale Lösung propagieren werden.
WordPress, auch wenn es das Mantra „Democratize publishing“ nach wie vor verfolgt, schafft sich in gewisser Weise gerade selbst ab. Democratize publishing war niemals ein auf die Endnutzer ausgelegtes Konzept, sondern hatte immer damit zu tun, dass WordPress ein leicht verständliches und einfaches Content Management System war, das man mit nur sehr wenigen Programmierkenntnissen gut an seine Bedürfnisse anpassen konnte. Das, und nichts anderes, hat WordPress zum am meisten eingesetzten CMS auf diesem Planeten gemacht. Doch „mit nur sehr wenigen Programmierkenntnissen“ geht jetzt nicht mehr, außer, man bedient sich diverser Tools wie zum Beispiel Elementor. Sie selbst sind aber wiederum nur die halbe Lösung, denn wer heute aktiv an einer Website arbeitet, weiß in den meisten Fällen über PageSpeed und andere Tools bescheid. Und WordPress mit Elementor ist alles andere als schnell geladen.
Konfrontiert man sich dann mit verschiedenen Parametern, die auf die Performance einer Seite abzielen, landet man früher oder später bei der Kostenfrage. Auf der einen Seite WordPress (gratis) mit Elementor (USD 49/Jahr) und Yoast (gratis), sowie Hosting (gehen wir von einem billigen Tarif aus: EUR 100/Jahr) und Domain (EUR 20/Jahr) und dem andauerndem Bitten und Betteln bei Personen, die sich auskennen, Google Analytics, das Facebook-Pixel, Instagram und die Statistiktools anderer Dienste einzubetten, Updates und Backups durchzuführen und so weiter. Auf der anderen Seite Angebote wie WIX (EUR 150/Jahr) oder Leadpages (EUR 120/Jahr) mit ladezeitoptimierten Seiten und voller, technischer Betreuung. Da ist die „Demokratisierung“ eher eine Pseudofreiheit: miese Ladezeiten, schlechte Performance und gleich teuer, wenn nicht teurer als vollständig gehostete, komfortable SaaS-Lösungen.
Ich habe schon vor einem Jahr geschrieben, dass es mir davor graut, wenn sich WordPress einmal wie ein selbstgehostetes WIX anfühlen wird. Wer aber Elementor einsetzt (weil jetzt, wo sich Yoast um die SEO kümmert, geht’s ja) und seine Arbeit mit einem CMS nicht mehr nur redaktionell, sondern auch gestalterisch sieht, kommt in seinen Anforderungen an ein CMS dem schon sehr nahe.