Harry Frankfurt, ehemals Philosoph an der Princeton University, hat vor mehr als dreißig Jahren schon in seinem Essay „On Bullshit“ thematisiert, was 2005 in Form eines gleichnamigen Traktats im Hardcover erschienen ist: Eine Technik, die Wahrheit zu verbergen, erwachsen aus der Notwendigkeit, (gegen Bezahlung) sprechen zu müssen – und zwar über Dinge, über die man nicht bescheid weiß. Er selbst hat in einem 2006 geführten Interview mit der Zeit ein einfaches Beispiel gegeben, in dem er erklärt, wie Bullshit zustande kommt: Leute, die fürs Sprechen bezahlt werden, produzieren Bullshit, denn sie…
müssen weiter und weiter reden, selbst wenn sie nicht wissen, wovon sie gerade sprechen. Aber wenn sie aufhören, bekommen sie kein Geld. All die talking heads im Fernsehen, all die Experten – die wissen schon alle irgendetwas, aber ihr Wissen reicht gerade mal für sieben Minuten. Sie müssen aber leider 15 Minuten reden. Also sind die letzten acht Minuten Bullshit.
Das allein wäre ja noch irgendwie akzeptabel, weil wir ohnehin wissen, dass die Sendezeit, die Dauer des Interviews oder die Anzahl der Tastenanschläge vorrangig der inhaltlichen Qualität bewertet wird. Im fast zehn Jahre später aufgezeichneten und oben eingebetteten Interview ist Frankfurts Definition allerdings kritischer, da sie „die Wahrheit“ und „die Lüge“ ins Spiel bringt und sich dabei die Irrelevanz der Wahrheit im Bullshitting als das eigentliche Problem feststellt:
It’s not important to [the bullshitter] what the world really is like. What’s important to him is how he’d like to represent himself. He takes a more adventurous and inventive attitude towards reality, which may be sometimes very colorful, sometimes amusing, sometimes it might produce results that are enjoyable. But it’s also very dangerous. […] Liars attempt to conceal the truth by substituting something for the truth that isn’t true. Bullshit is not a matter of trying to conceal the truth, it is a matter of trying to manipulate the listener, and if the truth will do, then that’s fine and if the truth won’t do, that’s also fine. The bullshitter is indifferent to the truth in a way in which the liar is not. He’s playing a different game.
Wenn ich jetzt anfangen würde alle Seminare und sonstige Vorträge, die ich besucht habe, auf Bullshitting zu untersuchen, würde die Liste wohl sehr lang sein. Sehr, sehr lang.