Café Szparka

Moment 1

Der Galerieplatz ist nur zu empfehlen. Neben mir zwei Beine einer gut gebauten Frau, die mir den Hintern praktisch auf Augenhöhe präsentiert. Sie steht an der Ecke der Galerie und sieht auf die Gäste hinunter, die ihre Blicke neugierig und erwartungsvoll erwidern. Ich sehe einfach nur ihren Hintern an. Viel mehr kann man ja eigentlich nicht sehen. Unter ihr etwa zwanzig Personen. Drei Männer spielen konzentriert Backgammon und trinken unaufmerksam Tee, Orangensaft und Scotch. Die zwei Blondinen, die gleich neben ihnen vernachlässigt und offenbar wartend dasitzen, lachen viel, unterhalten sich wild gestikulierend und löffeln dabei lustlos in ihren Eisbechern herum. Das Pärchen im Eck kam erst vor kurzem hinzu und studiert momentan, schwer bemüht, denn das verdunkelte Licht macht das Lesen schwierig, die Karte. Was isst denn du? Ich weiß es nicht, du? Ich weiß es auch noch nicht.

Die Dame, die neben den beiden sitzt, raucht. Sie raucht, seitdem ich da bin und sie raucht eine Zigarette nach der anderen. Ihr Caffè Latte ist sicherlich schon kalt und steht unberührt bestimmt schon seit mehr als einer Stunde da.

Gleich unter dem Hintern der Gutgebauten sitzen zwei, die sich als ich den Text zu schreiben begonnen habe, noch etwas fremd waren, jetzt aber händchenhaltend und lächelnd überlegen, wohin sie gehen sollen. Ich kann dieses laute Überlegen bis hier herauf hören.

Die Musik ist ähnlich der, die in der Buddha-Bar gespielt wird, die Klimatisierung auch.

Ein Blick in den Gang verrät mir, dass sich der Kellner, der mich heute ausnahmsweise bedient, langweilt. Im ersten Stock/auf der Galerie sitze ja auch nur ich mit meinem Notebook und sechs weitere Personen, die allesamt irgendwie beschäftigt scheinen. Die Galerie scheint ein Ort der Beschäftigung zu sein. Hier zählt der Arsch der Gutgebauten am Eck nichts mehr.

Moment 2

Gordon’s Gin und Martini Extra Dry. Diese Mischung steht neben dem Laptop. Es wird heiß hier. Die Klimaanlage funktioniert nicht und draußen hat es knappe zweiundzwanzig Grad. Der Kellner erkundigt sich, ob mir die Mischung passe. Sie passt.

Die Backgammonspieler streiten sich. Irgendein Zug war so nicht möglich, wie ihn einer der Spieler getan hat, die anderen zwei wollen das so nicht gelten lassen. Die zwei Blondinen unterhalten sich nach wie vor. Vielleicht warten sie ja doch auf niemanden.

Das Pärchen im Eck hat gewählt und ein Eiskaffee (sie) sowie ein Bier (er) stehen auf dem Tisch. Während sie versucht das Eis herauszuholen, trinkt er das ganze Bier aus. Er deutet dem Kellner, noch eines zu bringen.

Die Raucherin hat ihre Zigarette weggelegt und ihre Freundin empfangen. Das Getränk am Tisch ist leer, sie lächelt, schaut aber, sobald die Freundin sich im Lokal umsieht, wieder traurig drein. Irgendwas scheint hier nicht zu stimmen.

Das Pärchen unter der Galerie sitzt nach wie vor da. Er hält ihre Hand mit der einen Hand, streichelt ihren Arm mit der anderen. Während er offen dasitzt und ihr demonstrativ tief in die Augen schaut, sitzt sie verschränkt da, lässt es aber zu, dass er sie berührt.

Moment 3

Das Backgammon-Spiel ist beendet und es werden Regeln erklärt. Die drei Herren haben mittlerweile alle ein Bier am Tisch stehen und lachen gemeinsam über Geschichten, die einer erzählt. Die zwei Blondinen unterhalten sich nach wie vor, ebenso das Prächen im Eck.

Die Raucherin hat wieder angefangen zu rauchen und scheint zu weinen. Ich kann das von hier oben nicht erkennen, aber die tröstenden Gesten ihrer Freundin deuten ebenso daraufhin, wie die Ansammlung von Taschentüchern auf der Bank, die sie zu verstecken sucht. Sie erklärt und die Freundin nickt. Sie gestikuliert und die Freundin nickt. Sie erklärt, spricht, redet, argumentiert. Die Freundin nickt.

Die zwei unter der Galerie haben aufgehört darüber zu reden, wohin sie nachher gehen wollen. Sie haben Getränke bestellt und neue Sitzpositionen eingenommen. Er weiß schon längst, dass das nichts mehr werden wird, sie hat sich soeben zu einer lockereren Sitzposition hinreißen lassen.

Moment 4

Der Gedanke an Backgammon und dessen Regeln ist verschwunden. Die Herren lachen miteinander, trinken Bier und unterhalten sich, ebenso wie die Blondinen und das Pärchen im Eck, wo auch die Kellnerin auf neue Order wartet. Die Raucherin erzählt ihre Geschichte nocheinmal. Die Freundin hört zu.

Das Pärchen unter der Galerie hat ausgetrunken und lange diskutiert. Sie gehen. Zu ihr.

Adresse und Infos

Café Szparka
Pl. Trzech Krzyży 16a
00-499 Warszawa, Polska
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