Sonntagsarabesken #125

Verrat. Eine einfache Geschichte: Unversöhnlicher Haß, der aus rücksichtsloser Leidenschaft entspringt. Zwei Stimmen, die sich zuerst in beleidigenden Tiraden überschlagen; dann Stille. Plötzlich. Eisig und tödlich. Was ist geschehen? Halten die Geister kurz inne, bevor sie mit der eigentlichen mörderischen Beschäftigung, mit dem Kampf, beginnen wollen? Oder hat die Welt den Atem angehalten? Verrat kleidet sich in Liebesworte. Verrat schleicht sich leise an. Mit süßer Stimme bittet er um Einlaß, seine wahre Absicht verbergend. Wunderschöner Gesang, der das Ohr umschmeichelt, von warmen sandigen Stränden, von blühenden Orangenhainen, von sanften Berührungen im Mondlicht, und kein Ton gleicht dem anderen. Das merkwürdige Gefühl beschleicht mich, all das bereits gesehen und gehört zu haben. Eine Wiederholung. Nichts anderes. An einen alten Holzzaun gelehnt stand sie auf den Zehenspitzen und reckte sich nach den Zweigen des Kirschbaums. Ihr Haar fiel in bauschigen Wellen in ihren Nacken. Ein Bild der Schönheit. Und doch: So vergänglich, so luftig und halb durchscheinend, dass man Angst hat, es zu verlieren, kurz bevor man die müden Augenlider schließt. Ihre flüchtigen Schritte auf dem Asphalt des Gehsteigs, als sie die Brücke überquert, in ihrem blauen Kleid, das ihr wie eine prächtige Fahne voranflattert, ein kornblumenblauer Klecks gebündelter Freude. Farbe ist das Glück dieser Tage. Gelber Staub, helle Augen und blutrote Kirschen. Das Bier hat bitter geschmeckt, aber in der Erinnerung ist es süß, ein wenig salzig von verlorenen Tränen. Und dann? Dann hat der Verrat zu mir aufgeschlossen, seine Lippen an mein Ohr gelegt und mich in seinen Klauen gefangen. Der Himmel schien so mild, so helle; schwarz ragt das Kreuz über Lenaus Grab. Und hinter schwarzem Vorhang ist auch mein gelebtes Leben verschwunden. Geräusche, Gerüche, Gefühle. Scheinbar weggewischt. Nur manchmal verirrt sich ein Reflex des Gewesenen an die Oberfläche dieser Tage. Wie ein Sonnenstrahl, dem meine Augen kurz zu folgen geneigt sind. Weiße Trüffel in Olivenöl und blutiges Rindfleisch; rubinfarbener Wein. Die Augen der Geliebten. Und ihre Stimme. Das ist meine augenblickliche Zufriedenheit. Ohne den Schatten eines Verrats. Für die Ewigkeit.

Only he knows how to face the future hopefully
Surrounded by despair
He won’t ask for your pity or your sympathy
But surely you should care
Scorn not his simplicity
But rather try to love him all the more
Scorn not his simplicity
Oh no, oh no, oh no.