Tussi-Test: nicht das, was es zu sein scheint, aber umso aktueller

Was muss ich heute in der Zeitung lesen? Direktoren, Lehrer und Eltern empören sich über den Test, den ein Volkschullehrer seinen Zöglingen vorgelegt hat. Es ist nicht das, wonach es sich anhört, nein, der Lehrer hat von seinen Schülern im Rahmen einer Wörterbuchübung Schimpfwörter nachschlagen lassen.

  • „Eine dumme Frau, die du auch essen kannst?“ Richtige Lösung: „Blunzen“.
  • „Es ist ein Ausscheidungsprodukt, und du findest es auf Seite 537.“ Richtige Lösung: „Scheiße“.
  • „Eine unsympathische Frau?“ Richtige Lösung: „Tussi“.

So. Also damit konfrontiert der Pädagoge seine Schüler. Und alle schreien, dass man das doch nicht machen dürfe. Und Maßnahmen würden, ja müssen den Lehrer nun treffen. Und überhaupt. Und was soll das alles? In der Familie, im Freundeskreis, im Fernsehen, ja sogar in der Schule hören die Kinder davon, sie benutzen diese Wörter selbst und sind sich oftmals nichtmal sicher, was denn die Wörter genau heißen, weil diejenigen, von denen sie sie hören, es oft auch nicht wissen. Und wie man sie schreiben soll, diese so häufig verwendeten Wörter, weiß auch keiner so genau. Wenn ich außer Haus einer Horde von Volksschülern begegne, höre ich noch viel schlimmere Ausdrücke als das, was hier abgefragt wurde – und keines der Kinder, die diese Worte benützen, spricht sie richtig aus; wohl, weil es diese Wörter zwar schon oft gehört, nie aber gesehen, geschweige denn geschrieben hat! Gäbe es nicht Autoren wie Christine Nöstlinger, die mir durch ihre Bücher Wörter außerhalb der Schriftsprache – beispielsweise das Wort „Kusch!“ (das in Österreich eher wie „Gusch“ ausgesprochen wird) – beigebracht hätten, ich wüsste wohl bis heute nicht, wie man es schreibt, denn irgendwann sieht man dann sowieso nicht mehr nach. Und was für mich gilt, gilt auch für meinen Freundeskreis, in dem sich auch zwei Pädagogen befinden, die beide (noch) der Meinung sind, dass man manche Dinge einfach nicht schreiben dürfe. Und es geht hier sogar weiter, denn dieses Nicht-schreiben-dürfen bezieht sich nämlich nicht nur auf bestimmte Wörter, sondern geht sogar so weit, dass manche Aussagen und Ideen nicht geschrieben werden dürfen! – Und das ist blanker Wahnsinn, denn wer in einem Staat lebt, der zwar die Autoren von Blogs dazu verpflichtet, sich mit Name und Wohnort zu deklarieren, aber ansonsten schon sowas wie freie Meinungsäußerung in seinem Gesetzeskonvolut führt, der sollte das auch von seinen Lehrpersonen noch drei Mal unterstrichen gelehrt bekommen. Letztlich kann man das wohl so zusammenfassen, wie es der Kommentator „Ober gscheit“ getan hat:

Es gibt nichts aergerliches, als wenn Jugendliche „Drottel“ oder „Oasch“ auf Hauswaende schmieren. Zumindest die Orthografie soll stimmen.

Und wo er Recht hat, da hat er Recht!