Ich suche nach einer Bäckerei in Wien, die mir gutes Brot verkauft. Ich bin des im Supermarkt als frisch hochstilisierten Chemie-Brots überdrüssig und weigere mich, diese nicht durchgebackenen, fast schon gummiartigen Produkte der Bäckerei-Ketten zu essen. „Frisch gebacken“ steht da groß angeschrieben in den Auslagen – was man bekommt sind geschmacklose, in Form gegossene Waren. Pfui!
Wo gibt es in Wien eine Bäckerei, deren Kreationen nicht auf industriell gefertigtem Teig basieren? Wo gibt es in dieser Stadt frisches, gutes und lang haltendes Brot? Wo kann man Semmeln kaufen, die sich auch geschmacklich vom Salzstangerl oder vom Kornspitz unterscheiden?
Unmöglich weil Großstadt? Schwachsinn! Ich habe in Rom, in Paris, in München, in Warschau, Amsterdam und sogar in Urumqi (!) hervorragendes Brot gegessen. Außerdem beweisen die vielen kleinen türkischen Bäckereien in Wien, dass man Brot tatsächlich vor Ort frisch zubereiten kann – würden diese Bäckereien Salzstangerln, Semmeln und (dunkles) Brot in ihr Angebot aufnehmen, so bin ich der Überzeugung, dass selbst die großen, alteingesessenen Bäckereien ihr Rezept überdenken müssten!
Letzte Aktualisierung am 14. April 2012.
Jetzt könnte der vom Industrie-Semmerl mit Extrawurst glückliche Leser behaupten, dass das wieder so eine meiner boboesken Manieriertheiten sei, doch möchte ich der Behauptung meinen „Anforderungskatalog“ an gutes Brot entgegenstellen und bin dann gespannt auf die Argumente dagegen. Ich werde, soweit das möglich ist, jedem Vorschlag für gutes Brot, der mir zugeschickt wird, nachgehen und ihn weiter unten kurz kommentieren. Wieviele das sein werden, werden wir ja sehen. Was also will ich, dass ein gutes Brot erfüllt?
- Geruch: Brot muss nach Brot riechen, nicht nach Plastik oder Backmitteln.
- Geschmack: Brot muss nach seinen Bestandteilen schmecken. Wenn mir ein Bäcker 3 Brote anbietet und sie schmecken alle gleich (oder gar nicht), stimmt etwas nicht.
- Konsistenz: Brot muss, wenn man es aufschneidet, in Scheiben schneidbar sein. Häufig zerbröselt die Kruste oder der Kern ist zu mehlig oder zu feucht. (Am Messer darf beim Durchschneiden des Brotes absolut nichts kleben bleiben. Das Brot ist zu feucht, wenn am Messer klebrige Brotreste zu finden sind.)
- Einheit: Die Brotrinde muss mit dem Brot eine Einheit bilden, sie darf sich beim Aufschneiden nicht vom Rest des Brotes ablösen und das Brot muss im Inneren eine einheitliche Farbe und Struktur haben. Ist der Kern dunkel, feucht oder heller als der Rand, ist das Brot nicht in Ordnung.
- Haltbarkeit: Ein gut gebackenes Brot muss auch noch nach 24 Stunden genauso gut riechen und schmecken. Ein gut gebackenes Brot muss auch noch eine Woche nach der Herstellung gut schmecken. (Dass es weicher ist, ist in Ordnung.)
Und nun frage ich die werte Leserschaft: Wo bekomme ich Brot, das diesen Anforderungen entspricht in Wien her?
Alle Supermärkte, die frisch backen, stellen zwar herrlich aussehendes und anfangs hervorragend riechendes Gebäck her, doch egal was man kauft, am nächsten Tag ist es nicht mehr genießbar. Die Bäckereien, besonders die paar großen, produzieren etwas besseres Brot, doch ist es bei ihnen keine Seltenheit, dass das Brot zu feucht ist. Brot, das erst in den Filialen gebacken wird, ist entweder voller Geschmacksstoffe oder es behält seine Qualität für weniger als 24 Stunden bei. Einige wenige Kleinstbäckereien produzieren ihr eigenes Brot, das gelegentlich ganz in Ordnung ist. Da sie jedoch meist in Konkurrenz zum nächstgelegenen Supermarkt stehen, spezialisieren sie sich auf Brot-Absurditäten, die als Tagesbasis nicht genießbar sind.
Daher nocheinmal die Frage: Wo in Wien bekomme ich gutes Brot her, das meinem Anforderungskatalog entspricht?
Aktualisierung am 27. Oktober 2008: Die Falter-Gebäckeinkaufsempfehlungen
Ich wurde auf die Gebäck-Einkaufstipps des Falter verwiesen. Der Falter führt aber zum Beispiel die Bäckerei Mühlenbrot in der Karmeliterhofgasse an – und ich weiß nicht, warum die empfohlen wird. Als ich bei meinem letzten Besuch dort einen Laib helles Brot mitgenommen habe, war das am nächsten Tag – trotz vom Bäcker empfohlener Lagerung – nicht mehr genießbar.
Aktualisierung am 14. April 2012: Der Standard spürt Bäcker auf
Vielerseits wurde ich auf einen Artikel im Standard hingewiesen, in dem „gutes Brot“ das zentrale Thema ist. Wenn man sich allerdings ansieht, wieviele Bäcker in dem Artikel genannt werden, so schockiert das Ergebnis umso mehr. Und bei nächster Gelegenheit werde ich mir alle Brote zu Gemüte führen!