Sonntag, 20. Dezember 2020, Tag 283 der Corona-Pandemie. Ich schließe mich hiermit all jenen an, die schon nicht mehr in Worte fassen können, was wir gerade in Österreich erleben. Nichts, aber auch wirklich gar nichts – die COVID-Teststraßen, das muss ich nach meinem Erlebnis in der Stadthalle schon sagen, ausgenommen – funktioniert hier. Während von allen Seiten die Hiobsbotschaften hereinströmen und selbst die Impfung wie ein Kerzerl im finsteren Tal wirkt, diskutieren wir tatsächlich noch über die Öffnung der Skilifte und müssen uns im Fernsehen einen verbalisierten Kotau nach dem anderen gegenüber den Betreibergesellschaften anhören. Meist gleich gefolgt von: iN WiEn FaHreN sIe jA auCh miT dEr uBahN In dEN laiNzEr tIeRGarteN zuM JogGen!
Ebenso zum Thema Schule, Kommunikation, Babyelefant, usw… merkt ihr es? Die Liste hört nicht auf, sie wird nur länger. So, übrigens, wie die Liste der Toten.
Besonders schade ist aber, wie sich die gesamte Krisenkommunikation in Österreich – hier vor allem die direkt oder indirekt relativierenden Aussagen zur Gefahr einer Infektion an sich – auf den privaten Bereich und die dort geführten Diskussionen niederschlagen. Da wird nämlich praktisch jede Maßnahme ignoriert und als lächerlich, übertrieben oder gar falsch dargestellt. Ich kann das auf allen Ebenen in allen mir bekannten Gesellschaftsschichten und selbst in der eigenen Bekanntschaft feststellen. Testen lassen haben sich die wenigsten (wenn es 10% der Personen, die ich kenne, sind, dann ist das eine optimistische Zahl), die empfohlenen Ansammlungen von Personen ignorieren alle (!), ebenso tun alle so, als ob es sie nicht treffen könnte und wenn, dann ist es „eh nur wie eine Grippe“. Und das, obwohl es bei den meisten dann doch hochvulnerable Personen im unmittelbaren Lebensumfeld gibt.
Ich glaube nicht, dass diese Menschen dumm oder ignorant sind. Ich vermute, dass ihre Reaktion meine These der Schockstarre bestätigt: Die Ignoranz gegenüber dem Befolgen der Maßnahmen und das offenbare Wegfallen von dem, was man „eigenverantwortliches Handeln“ nennt, sind Manifestation einer Angst darüber nachzudenken, was die Auswirkungen einer Infektion tatsächlich bedeuten könnten.