Meta kostet uns zu viel

Meta hat an der Börse Rekorde hingelegt, was macht es da aus, wenn es verunsicherten Jugendlichen, die sich gerade Videos zum Thema Selbstverletzung ansehen, Werbung für Rasierklingen anzeigt?!

Über einen der sehr raren Blogeinträge auf A Waste of Words wurde ich auf einen Artikel von Scott Galloway aufmerksam, der aus seiner Abneigung gegenüber Facebook bzw. Meta keinen Hehl macht, gleichzeitig aber auch – immerhin, er ist Ökonom – seine Faszination für das Unternehmen als solches nicht verbergen kann. Er beginnt seinen Artikel mit einem Abriss darüber, was Meta im Februar an Zahlen vorgelegt hat – und man kann wirklich nicht viel anderes dazu sagen als was Robert Wetzlmayer in A Waste of Words ohnedies geschrieben hat: „Meta hat Dimensionen, die mir nicht bewusst waren.“

In the past year, Meta has added three Netflixes to its market cap. On Friday alone, it added the value of Shell Oil — the biggest one-day increase in market capitalization in history. […] Meta has laid off nearly one-fourth of its workforce, a disruptive and costly process. […] Instead of declining, Meta exploded, adding the value of 30 (2008) General Motors in one day. To the best of my knowledge, no business of this size has ever increased revenue by 25% while shedding 25% of its employees.

Scott Galloway

Und:

Preorders of Nvidia enterprise GPUs are a decent proxy for a firm’s investment in AI, and Meta has ordered more than any company in the world. (Tied with MSFT.) Does this mean […] companies […] are about to shed 10% to 25% of their weight/workforce while maintaining revenue growth? […] The Ozemping [sic!] of Meta unlocked its operating margin, which increased from a respectable 20% to a staggering 41%. Meta exemplifies an “asset-light” model. Don’t own the car, apartment, chip plant, or content (the creators’ salaries) — build a thick layer of software on top of other people’s assets. […] Meta speedballs this with an addictive product in an unregulated market.

Hier also die eine Seite: Ein Unternehmen, das gewaltige Zahlen vorlegen kann und Beeindruckendes mit Maßnahmen erreicht, die nicht unbedingt unmittelbar zu dem Erfolg führen, den Meta damit einfahren konnte. Aber es gibt noch eine andere, dunkle Seite, die man bei den beeindruckenden Unternehmenswerten nicht berücksichtigt, berücksichtigen will oder bewusst außer Acht lässt, die aber notwendig ist, um zu verstehen, warum sie außerhalb der rein ökonomischen Domäne ein Problem – ein gewaltiges Problem – ist.

Was Meta nämlich macht, das Produkt, das Meta verkauft, ist laut Scott Galloway mittlerweile zu einer gewaltigen, Menschen und ihre Gesundheit gefährdenden, Maschinerie geworden. Und er sieht schwarz, wenn diese Maschine von noch weniger Menschen, dafür aber unter Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz am Leben gehalten und erweitert wird. Sie wird nämlich auch noch den letzten Rest an verbleibender, wohlwollender Menschlichkeit aus den Algorithmen entfernen, die jetzt bereits – hier nehme ich einen Teil des Zitats vorweg – einer verunsicherten Vierzehnjährigen, die sich Videos zum Thema Selbstverletzung ansieht, Werbeanzeigen für Rasierklingen in den Feed spielen.

Meta’s products have become the most elegant and powerful hate machine known to man. A machine unfettered by the friction of humans deciding if the firm should send images of nooses and razors to a 14-year-old girl consuming videos on self-harm. AI, as instructed by the Zuck, will likely make things worse, not better. Like by like, and comment by comment, the machine divides us and makes us despise others and ourselves. […] The negative effects of social media are well documented […] The most concerning problem is what these platforms do to our children. When the mobile phone put Facebook and [Instagram] into every teen’s hands 24/7, loneliness and suicide data began a steady march upward. In a survey of 1,024 young people, almost half “have become withdrawn, started exercising excessively, stopped socializing completely, or self-harmed because they are regularly bullied or trolled online about their physical appearance.” […] The suicide rate among 13- to 17-year-olds has doubled since the iPhone put social in their pockets.

Doch was kümmern uns schon tote Jugendliche, wenn der Gewinn, die Dividende und der Wert unserer Anteile passt? Ein grauslicher Satz, der aber ganz offensichtlich seine immerwährende Gültigkeit auch im Fall von Meta nicht verliert. Solange der Aktienkurs stimmt, sind die Mittel geheiligt. Das macht ja auch die Argumentation so unendlich schwierig. Menschsein, Menschlichkeit, Empathie – das sind alles Begriffe, die oftmals unter „eh lieb“ zusammengefasst, aber in keinen Kontext von Gewinn und Marge gestellt werden können. Das allein ist ein gewaltiges Problem. Und daraus auch noch einen allgemeinen Schluss abzuleiten, das, was man gerne als den moralischen Zeigefinger abkanzelt, nahezu unmöglich, was auch Scott Galloway in seiner Conclusio nüchtern festhält.

Meta’s earnings last week were singular, as is the platform. Unlike the rest of Big Tech, however, Meta is a net negative for the world. Depression and despair are costly, and we are spending more time worrying about our kids than a $200 billion increase in market cap can assuage or buy back. Many equity analysts argue that at $470/share, META is too expensive. They miss the larger point. Meta Inc. has become too costly.

Da wären wir also nun: Wie soll man ein Investment in ein (laut Scott Galloway) ganz offensichtlich für die Menschheit schädliches Unternehmen bewerten? Ein Unternehmen, das uns alle so viel mehr kostet als uns der Gewinn, den es erwirtschaftet, jemals einbringen kann.

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