Vielleicht gibt es in den frühen Stunden der Nacht – einer verregneten, kalten Wiener Sommernacht – keinen schöneren Trost als Deine Zeilen. Tausend kleine Tode bin ich gestorben. Beinahe unspürbare, zwischen den Tagen und Wochen wie ein Lufthauch webende Angst hat mich wachgehalten, ständig in Erwartung eines Lebenszeichens, eines Wortes, einer Silbe von Dir, aus der dunklen Ungewißheit. Warm und nah an unserem Herzen empfinden wir schließlich nur jene Laute, die uns Augenblick für Augenblick ins Ohr geflüstert werden. Il sibillo. Das Gemurmel, die beruhigende und einschläfernde Stimme der Sibylle, läßt die Frau, die es hervorbringt, zum magischen Anziehungspunkt meiner Wünsche und Sehnsüchte werden. Ganz gleich, wie schön oder begehrenswert sie uns zuvor auch erschienen sein mögen – allein dadurch, dass sie uns mit ihren Worten, den blitzenden Zentren unserer Aufmerksamkeit, jenen wärmenden Klangteppichen, die um ein herrliches Nichts mäandrieren, von einer Sekunde zur nächsten tragen, verlieben wir uns in sie. Im Laufe der Zeit. Es ist ein Ablauf, der durch nichts unterbrochen werden kann. Eine notwendige, verlockende Routine, die solche Erzählerinnen mit ihren traumwandlerisch geknüpften Geschichten virtuos beherrschen. Sie sind die Fauna, in der ich mich bewege. Und ihre Stimmen die Flora, deren Duft mich verzaubert. Aber die anderen, die zu reden aufhören, die in die Stille sinken, so wie Du? Sie verschwinden, allmählich, und hinterlassen leere Räume in mir. Doch dann: Ein Blitzschlag aus dem Himmel des Vergessenen und Verdrängten. Ein Lebenszeichen. Und meine heile Welt, umsponnen von dem Netz der schönsten Geschichtenerzählerin von allen, zerreißt in einem dumpfen Schmerz, dessen Heilkraft mir erst jetzt wirklich bewußt wird. Sieh Dir das Leben da draußen an! Wie es kreist und pulsiert! Wie es ohne Dich weiter geht! Eine Blüte bricht durch den Wüstensand. – Et les roses de l’électricité s’ouvrent encore / Dans le jardin de ma mémoire – Ich danke Dir!