Lichtverzerrungen; Frühlingssonne. Im Stimmengewirr der Kaffeehausunterhaltung entblößt sich schamlos die Ruhe entspannten Nachdenkens, unsichtbar für die Augen der Essenden, Trinkenden, Rauchenden, Sprechenden, umgarnt vom heimlich zu Papier gebrachten Satzgewirr besonnener Untätigkeit, das sich zu goldenen Spiralen fügt, ganz eingehüllt vom frischen Streicheln kühler Westwindströmung; draußen berührt das Sonnengespinst die Scheiben und läßt sie silbrig erblühen. Es breitet sich über die Spitzen nadeltragender Sträucher und fließt in die Rindenfalten junger Bäume; durchsichtige Fadennetze wie im Altweibersommer, nur jungen Geruchs, das sich bald mit Knospen zu schmücken gedenkt, und nichts erinnert hier an das flaschengrün wogende Meer. Doch der Schreibende denkt sich an diesen vergangen-zukünftigen Strand und denkt und schreibt sich zu ihr. Verwirrend sind die Spuren im Sand, die Fußabdrücke, die im sonnenfeuchten Beton Wiener Vorstadtstraßen nicht zu erscheinen vermögen, Erinnerungen an das Gewicht eines Menschen, das sich nach Flucht der Brandung in die jungfräulich weiche Fläche gesenkt hat. Die Linie, an der sich flockiger Schaum in Luft aufgelöst hat, bleibt als dunkle Ahnung; dieser Schatten ist Zeichen des Verschwindens, bald überspült vom nächsten Wellenkamm, Symbol der Zeit, deren salziger Geschmack die tränensaure Wirklichkeit erahnen läßt. Zwischen den Dunstschleiern, die den Horizont verhüllen, leuchtet die weiße Stadt an der Spitze des Kaps. Der Reflex bricht sich in den Fensterscheiben des Kaffeehauses. Die schreibende Hand kommt zur Ruhe, der Bleistift rollt über schwarz bekritzeltes Papier. Es wird Zeit.