Tonga

Tonga ist ein eigenes Ding. Tonganer essen gerne, viel und fett, dementsprechend ist es als schön angesehen, fett zu sein, so zumindest die Wikipedia und meine Erfahrung. Und daran halten sich die Tonganer auch gerne. Kaum sieht man soviele so dicke Menschen auf einem Fleck wie in Tonga. Um ihre beleibten Hüften hängen, sofern sie eine offizielle Positione innehaben, spezielle Grasmatten, die Teil der Uniform im Inselstaat sind. Haben diese Matten ein schwarzes Band herumgewickelt (und so war das bei allen offiziellen Tonganern, mit denen wir zu tun hatten, und bei ein paar zivilen auch), so trauerten sie (in unserem Fall um den erst unlängst verstorbenen König Taufa’ahau Tupou IV). Das dazu.

Der chinesische Prachtbus

Vom Flughafen wurden wir mit einem chinesischen Bus abgeholt, der einst ein Prachtmobil von KP-Bonzen niedrigsten Ranges gewesen sein musste: Miniaturkronleuchter an den Seitenwänden des Busses, deren Kristallkettchen beim Kurvenfahren nervtötend schepperten, eine gut getarnte Minibar im vorderen Teil und ein für die Verhältnisse eines Autobusses großer Spiegel gleich daneben. Ein ehemaliges Prachtgefährt, für das man sich wohl noch zur Hochblüte dieses Stils bereits geniert hatte, daher ab nach Tonga damit! Dieses Gefährt brachte uns jedenfalls ins Hotel zu Papiloa.

Papiloa’s Friendly Islander Hotel

Papiloa’s Friendly Islander Hotel wird geleitet, geführt und betreut von Papiloa Bloomfield Foliaki, einer ehemaligen Parlamentsabgeordneten zum tonganischen Parlament. Sie ist eine angenehme, wenn auch inhaltlich direkte Zeitgenossin, die schnell einmal klarmacht, was Sache ist und warum man sie nicht mit diesen und jenen Fragen belästigen sollte. Papiloa selbst weiß über die Grundregeln der Höflichkeit bescheid und das kann man ihr hoch anrechnen. Ihre Tochter hingegen ist ein Drachen. Entweder sie regt sich darüber auf, dass man als Gast überhaupt kommt oder sie beschuldigt zahlende Gäste nicht bezahlt zu haben oder sie kommandiert lustlos aber lauthals herum… An alle, die in diesem Hotel in Zukunft wohnen sollten: Freundet euch mit Papiloa an, nehmt euch allerdings in Acht vor ihrer Tochter!

Das Hotel besteht aus mehreren Gebäuden, wobei das größte den Speisesaal, ein Wohnzimmer und die Rezeption beherbergt, in einem anderen Einzel- und Doppelzimmer untergebracht sind und in mehreren kleinen Bungalows jeweils vier Personen (in zwei Zimmern) übernachten können. Ich kann nur über das große Gebäude und die Bungalows sprechen, aber ich vermute es gab überall Ventilatoren und Klimaanlagen, die nicht funktionierten. Wie auf allen südpazifischen Inseln ohne nennenswerte Erhebung, ist auch in Tonga der Wasserdruck bei Dusche und Wasserhahn sehr niedrig, was das Duschen zu einer leidvoll langen Tätigkeit werden lässt. Ich brauchte schon meine zwanzig Minuten, um gänzlich wieder vom Shampoo befreit zu sein, aber das ist eine andere Geschichte. Ebenso wie die vom Klavierspielen im Hauptgebäude des Hotels.

Die Sauberkeit des Hotels, jo mei. Also: Offensichtlichen Schmutz gab es nicht und die Betten wurden täglich gemacht außer an Sonntagen; es wurde auch gesaugt und im Bad geputzt, trotzdem tauchten ab und zu Kakerlaken, Spinnen oder sonstiges Gewürm auf. War man ganz besonders empfindlich (siehe am Bild ganz rechts), sah man zwischen den Matratzen lieber nochmals nach, bevor man sich ins Bett legte. Nichtsdestotrotz haben wir alle bei Papiloa gut geschlafen.

Ein Unfall, das Reef Café und der Billfish

Gleich am ersten Abend die Highlights. Für das Abendessen standen einige Lokale zur Wahl, die allesamt nicht besonders weit weg vom Hotel waren: Der Billfish, mehr eine Bar mit Restaurantfunktion im mittleren Preissegment, das Reef Café, eine Hafenbude mit günstigen aber groß portionierten Speisen mitten im Hafengelände und noch ein drittes Restaurant, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe, was aber völlig egal ist, da sowieso nur ein paar von uns einmal reingeschaut haben, sonst aber nie wieder dort waren. Reef Café oder Billfish, also. Das war die gängige Frage.

Der Unfall

Das Reef Café war zwar am weitesten von Papiloas Hotel entfernt, ich wollte trotzdem hin und mit mir ein ganzer Haufen von Menschen. Am Billfish ging man vorbei, dann noch knappe dreihundert Meter und da war es auch schon, das Café. Knapp davor, jedoch, (und das ist jetzt sowohl zeitlich in Bezug auf die Ankunft als auch örtlich in Bezug auf den Standplatz der Hafenbude gemeint) geschah ein Unfall.

Ich war gerade mit meinem GPS-Gerät beschäftigt und versuchte die Position des Lokals Billfish, das wir gerade passiert hatten, zu speichern, als mir ein paar betrunkene Tonganer auffielen, die zwischen Gehsteig (Gras) und Straße (Beton) hin- und herschwankten. Einer der beiden, der mir nähere, lief plötzlich über die Straße. Dem Anderen gelang das nicht so gut:

Das Auto, das von links kam, muss ihn schon ordentlich erwischt und weit vom Boden gehoben haben, denn das Auto von rechts schleifte ihn nach vor, bis er neben mir auftauchte. Ich blickte nach rechts auf die Straße und ein Fiat mit eingeschlagener Frontscheibe machte gerade eine Vollbremsung. An der Beifahrerseite (in Tonga herrscht Linksverkehr) hing ein menschlicher Körper außen dran: der zweite Betrunkene.

Sobald das Auto zum Stillstand kam, klatschte der Körper zu Boden und unter seinem Kopf (Gesicht nach unten) trat ein Blut hervor. Der Fahrer stieg aus und wollte nach dem Verletzten sehen als sich die wütende und tobende Masse der Freunde der Betrunkenen, die offenbar in der Zwischenzeit vom Lärm angelockt aus dem Billfish gekommen waren, in Bewegung setzte. Der Fahrer packte gerade noch ein paar Dinge in seine Hosentaschen und lief davon. Das Auto und das Unfallopfer blieben am Ort des Geschehens zurück. Der erste Unfallwagen war offenbar weitergefahren, denn auch von dem gab es keine Spur mehr.

Reef Café

Wir gingen weiter als jegliche Form von Hilfe unnütz erschien, da sich sofort Einheimische um den Körper (und das Auto) zu kümmern begannen, und erreichten schließlich das Reef Café. Einigen war der Appetit vergangen, andere hatten nachwievor Hunger. Ich gehörte zur zweiten Kategorie und bestellte einen Reef Burger (siehe Reihenbild), der nicht nur gut aussah, sondern auch gut schmeckte.

Mit der Zeit lockerte sich die Stimmung wieder und man begann sich bei Tisch einzureden, dass es schon nicht so schlimm gewesen sein konnte, denn schließlich war es ja nur ein wenig Blut und nicht… Naja. Irgendwann waren dann alle soweit, dass wir dem Billfish, besser gesagt: dem Billfish in Funktion einer musikspielenden Bar, einen Besuch abstatten wollten.

Billfish

Im Billfish angekommen und das Bier gekauft, ging es auch schon weiter. Offenbar war man in Tonga streit- und prügellustig, denn kaum waren wir anwesend, gab es auch schon eine Prügelei mit ein paar Beteiligten. Ich hätte wiedereinmal gar nichts mitbekommen, wären mir die vielen Zuschauer nicht aufgefallen, die gebannt auf einen Punkt schauten. Als ich jedoch hätte sehen können, was da vor sich ging, war die Security schon da und hatte die Streithanseln hinausbefördert. Nach zwei Flaschen irgendeines Pazifikgebräus war es dann Zeit schlafen zu gehen. Wir gingen.

Nach ein paar getöteten/verjagten Kakerlaken schlief man dann doch ganz gut. Und beichten konnte man ja gleich am nächsten Tag: Am Sonntag stand ein Besuch in der Kirche bevor!