Auf 404 Media spart man nicht mit harten Worten über die Krokodilstränen, die OpenAI (und, da brauchen wir nicht groß herumreden, jedes westliche Unternehmen, das mit und im Bereich Künstliche Intelligenz arbeitet) gerade vergießt, und verpasst dem zugehörigen Artikel den Titel: OpenAI schäumt vor Wut, dass DeepSeek vermutlich all die Daten von OpenAI gestohlen hat, die OpenAI von uns gestohlen hat.
Hahahahahaha […] It is […] incredibly ironic that OpenAI, a company that has been obtaining large amounts of data from all of humankind largely in an “unauthorized manner,” and, in some cases, in violation of the terms of service of those from whom they have been taking from, is now complaining about the very practices by which it has built its company. […] OpenAI wrote “it has long been clear that the non-consumptive use of copyrighted material (like large language model training) is protected by fair use.” OpenAI and Microsoft are essentially now whining about being beaten at its own game by DeepSeek. But additionally, part of OpenAI’s argument […] is that the only way to make a generalist large language model that performs well is by sucking up gigantic amounts of data. […] This is funny, because DeepSeek managed to make a large language model that rivals and outpaces OpenAI’s own without falling into the more data = better model trap. Instead, DeepSeek used a reinforcement learning strategy that its paper claims is far more efficient than we’ve seen other AI companies do.
Jason Koebler
Wenn es jemanden gibt, an den man in puncto Schadenfreude und Kritik an der gegenwärtigen Vermarktung und Positionierung von Künstlicher Intelligenz denkt, dann ist das der nie mit harten Worten sparende Ed Zitron.
Und tatsächlich hat auch er einen Artikel geschrieben, in dem er den starken Kontrast zwischen den westlichen und den chinesischen KI-Modellen aufzeigt und dabei auf einen wunden Punkt hinweist: Wir hier im Westen haben uns von (US-) Tech-Konzernen blenden lassen, dass es nur einen, nämlich den horrend teuren Weg, gäbe, die gewaltige Masse an Daten, die eine KI benötigt, um funktionieren zu können, zu verarbeiten; und dass es nur mit eben diesen Unmengen an Daten möglich sei, eine KI zu entwickeln.
Dass nun ein chinesischer Mitbewerber auftaucht, der deswegen siegreich aus einem Kampf hervorgeht, weil er diese Grundannahme nicht getroffen und das verfügbare Kapital in die tatsächliche Verbesserung der Technik gesteckt hat, anstatt noch größere, noch leistungsfähigere Computerchips und Rechenzentren zu errichten, ist eine Erniedrigung des Westens – deswegen hat ja auch jeder eine emotionalisierte Meinung dazu -, ob wir wollen oder nicht.
The recent AI bubble […] hinged on the idea that we need bigger models, which are both trained and run on bigger and even larger GPUs almost entirely sold by NVIDIA, and are based in bigger and bigger data centers owned by companies like Microsoft and Google. There was an expectation that this would always be […] incredibly expensive. But then […] DeepSeek came along with multiple models that aren’t merely competitive with OpenAI’s, but […] significantly more efficient […] and can even be run locally on relatively modest hardware. […] The idea that there was another way to do this […] simply wasn’t considered. […] It’s a cynical, vulgar version of David and Goliath, where a tech startup backed by a shadowy Chinese hedge fund with $5.5 billion dollars under management is somehow the plucky upstart against the lumbering, lossy, oafish $150 billion startup backed by a public tech company with a market capitalization of $3.2 trillion. […] The entire AI bubble was inflated based on the premise that these models were simply impossible to build without burning massive amounts of cash, straining the power grid, and blowing past emissions goals, and that these were necessary costs to create „powerful AI.“ Obviously, that wasn’t true. Now the markets are asking a very reasonable question: “did we just waste $200 billion?”
Ed Zitron
Und natürlich findet sich auch bei Ed Zitron der Absatz, der dem vom oben zitierten Jason Koebler ähnelt, aber mit einem Zusatz ausgestattet ist, der das persönliche Interesse und die innere Genugtuung offenbart.
Personally, I genuinely want OpenAI to point a finger at DeepSeek and accuse it of IP theft, purely for the hypocrisy factor. This is a company that exists purely from the wholesale industrial larceny of content produced by individual creators and internet users, and now it’s worried about a rival pilfering its own goods? Cry more, Altman, you nasty little worm.
Ed Zitron
Besonders interessant an Ed Zitrons Artikel ist aber dann das Kapitel, in dem er darüber nachdenkt, warum nun alle durchdrehen („So, why’s everybody freaking out?“). Darin gesteht er nämlich sehr viele Fehler in seinen vergangenen Annahmen ein und analysiert, wie sich die Dinge entwickelt haben und wie sich dabei und dadurch seine Sichtweise auf die Dinge verändert hat. Noch viel bedeutender, aber, ist ein Gedanke, der sich in all den Absätzen dieses Kapitels manifestiert, und der uns zu denken geben sollte: Wenn wir in einem System leben, in dem wir Geld – unvorstellbare Mengen an Geld – auf Probleme werfen, kann es dann vielleicht sein, dass wir durch die uns dann nahezu unlimitiert zur Verfügung stehenden Ressourcen, nicht mehr in der Lage sind, bestimmte kreative Wege, die ein Problem schneller und effizienter lösen könnten, zu denken? Schränkt also der Ressourcenüberfluss unsere Kreativität ein?
Wir wehren uns vor dem Gedanken, in dem wir die Nation – China – vorschieben und ihr Eigenschaften zuweisen, die aber nichts mit der Erniedrigung westlicher Denkleistung zu tun haben, die sich vor unseren Augen abspielt.
This isn’t about China — it’s so much fucking easier if we let it be about China — it’s about how the American tech industry is incurious, lazy, entitled, directionless and irresponsible. OpenAi and Anthropic are the antithesis of Silicon Valley. They are incumbents, public companies wearing startup suits, unwilling to take on real challenges, more focused on optics and marketing than they are on solving problems, even the problems that they themselves created with their large language models. By making this „about China“ we ignore the root of the problem — that the American tech industry is no longer interested in making good software that helps people. […] It’s all so cynical and antithetical to innovation itself.
Ed Zitron
Ed Zitron bringt Beispiele über Beispiele und schier endlose Argumente, wie kaputt der Begriff „Innovation“ im Westen geworden ist. Wie er zu einem Marketing-Schmäh degradiert wurde, den nun andere (China, zum Beispiel) nutzen können. Und wie ärgerlich es ist, dass wir – der Westen – 200 Milliarden USD für Unternehmen verbrannt haben, die offenbar nur so tun als ob, da sie vom Weg der wirklichen Innovation, wie DeepSeek dramatisch aufzeigt, abgekommen sind. Der Schlusssatz in seinem Artikel tut weh.
All of this money, time, energy and talent was wasted thanks to a media industry that fails to hold the powerful to account, and markets run by executives that don’t know much of anything, and it looks like it got broken in two the moment that a few hundred Chinese engineers decided to compete. It’s utterly sickening.
Ed Zitron
Man muss sich das einmal vorstellen: Die Investition von 200 Milliarden USD und ein gewaltiger Verbrauch natürlicher Ressourcen… und dieses gewaltige und schmerzliche Investment wird von ein paar Chinesen, die sich zusammensetzen und mit eingeschränkten Ressourcen ein besseres Produkt hervorbringen, weil sie wahrlich innovativ und nicht vom Marketing gesteuert arbeiten, zum Verpuffen gebracht.
Mich erinnert diese Fähigkeit zur Innovation sehr an die Weltraum-Missionen Indiens, die mit einem Bruchteil der Kosten westlicher Missionen mindestens die gleichen Ergebnisse erzielt haben.
Es ist etwas faul in der Innovationskraft des Westens. Das sollte uns nicht nur zu denken geben, sondern auch sehr vieles in Frage stellen lassen, womit wir uns bereits abgefunden haben.