Die mit modernen iPhones gemachten Bilder geben nicht wider, was man sieht. Sie fühlen sich nicht mehr echt, sondern überoptimiert und somit konstruiert an. Tatsächlich sind sie das Ergebnis des Zusammenspiels mehrerer, physischer Objektive und sehr viel – eventuell zu viel – Bildoptimierungssoftware.
Phone cameras achieved the standards of a basic digital point-and-shoot; many of us didn’t expect anything more. With the latest iPhone models, though, Apple is attempting to make its minuscule phone cameras perform as much like traditional cameras as possible, and to make every photo they take look like the work of a seasoned professional. […] The iPhone 13 Pro takes twelve-megapixel images, includes three separate lenses, and uses machine learning to automatically adjust lighting and focus. Yet, for some users, all of those optimizing features have had an unwanted effect.
Have iPhone cameras become too smart?, Kyle Chayka
Kyle Chayka, der den New Yorker-Artikel verfasst hat, bezieht sich selbst wiederum auf eine Analyse des iPhone 13 Pro von den Entwicklern von „Halide“, einer App, die auf dem iPhone Zugang zu den RAW-Daten eines Fotos ermöglicht und somit vieles, das das Apple-Bildoptimierungsprogramm automatisch „verbessert“, umgehen kann. Auch dort findet sich der Verweis auf das viele Optimieren.
Your iPhone goes way above and beyond HDR. […] When you take a photo now, the camera on the iPhone will merge many shots to get your final result. Today, your camera essentially always ‘edits’ your photos for you. And exactly how it edits them… is a bit of a mystery. […] We know it brightens faces while retaining texture in them, it smoothes the sky and brings out color and clarity in the landscape, and in low light, it can smooth over noise while keeping the details of a sweater intact.
iPhone 13 Pro: The Edge of Intelligent Photography
Die Softwarekomponente der Kamera wird nun zu einem unabdingbaren Element der Bildverarbeitung, somit auch die Kamera von ihrer definitorischen Einschränkung auf das greifbare Gerät zu einem Ganzen aus Soft- und Hardware erhoben. Aus Fotografie wird „computational photography“. Und die hat es in sich, weil sie Entscheidungen vorwegnimmt, die bisher in der Domäne der Nachbearbeitung – und damit im Bereich des künstlerischen Ausdrucks, der Intention hinter dem Bild – waren.
There’s a paradox in the relationship between hardware and software: it’s easy to make smarter software with bad hardware. The decisions are black and white. But as the hardware gets more sophisticated, the decisions involve more shades of grey. How can science quantify an acceptable level of noise or motion blur, when so much of this depends on artistic intent of each photo? As the complexity of computational photography grows, so grows its dominion over our creative decisions, and I am increasingly finding myself at odds with the decisions it makes.
I think that as this trend continues, choosing what level of software processing to allow to your camera’s data is increasingly going to become the most important creative choice in photography.
Also stellen wir uns darauf ein:
- Wir holen uns das beste, was die Optik mit diesem Formfaktor erreichen kann.
- Wir akzeptieren und analysieren die Einschränkungen aus dem Formfaktor.
- Wir verbessern diese Einschränkungen durch Software so sehr, dass der Formfaktor vernachlässigt werden kann.
- Wir optimieren im Anschluss noch mehr, um aus den gesammelten Bilddaten das bestmögliche Foto zusammenzustellen.
Und wir akzeptieren, dass artistische Intention nicht mehr durch den Gebrauch von Hardware, sondern durch das Justieren und Konfigurieren von Software erfolgt. Kunst wird somit zu einem Parameter in der Konfiguration. Auch irgendwie seltsam, wenn man das so geschrieben sieht, aber solange in Ordnung, solange es keine Einschränkungen gibt. Am Ende wird ohnehin alles zu Software.