Das Treffen war für sieben Uhr abends angesetzt und recht bald schon, eine Katze musste gefüttert werden, eine notorisch zu spät kommende ankommen, saß ich an einem Gartentisch in einem Innenhof. Die Gesichter der Anwesenden waren mir vertraut, strahlten aber etwas Fremdes aus, da ich sie zwar häufig am Bildschirm, äußerst selten jedoch in natura sah. Ich musste meine Augen an ihren Anblick gewöhnen. Bekanntes – hier das Gestikulieren und die typische Körperhaltung, dort die markante Stimme und die individuelle Sprechmelodie – unterstützte den Vorgang und schon bald, der Kellner kam noch nicht einmal zum Tisch, um die Bestellung aufzunehmen, fühlte ich mich in der Gegenwart derer, die mit mir am Tisch saßen, vertraut.
Der Anlass des Treffens brachte mich, noch bevor es überhaupt stattfand, in einen Zweispalt, denn auf der einen Seite weiß ich nun, dass es ein Befreiungsschlag für die Betroffenen war, auf der anderen Seite gehen mir liebgewonnene Menschen verloren, mit denen ich auf eine Art kommunizieren konnte, die es ermöglichte, nonverbale Kommunikation – Blickkontakte und zugehörige Reaktionen, zum Beispiel – selbst in einem Onlinemeeting zu haben. Ich will aber nicht über meinen Verlust sprechen, sondern über ihren Gewinn.
Sekt wird serviert und wir stoßen an. Auf den Befreiungsschlag. Auf den Gewinn. Auf die Erlösung. Und je mehr auf irgendetwas angestoßen wird, umso mehr wundere ich mich, wie sie es überhaupt so lange in dem Unternehmen aushalten. Wieso sie die Reißleine nicht schon früher gezogen haben. Aber gut, nun ist es ja soweit. Sonst säßen wir ja nicht hier.
Mir werden Geschichten erzählt, Vorfälle geschildert, Entwicklungen und deren Resultate aufgebreitet. Wir sprechen über Eigenschaften von Personen, auch über solche, die ich kenne, und schon bald wird klar, dass mein Blick von außen sich mit dem Blick von innen deckt.
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