Experimentell und nicht zertifiziert. Klar tauchen wir zur Titanic!

Ein Unternehmen bietet Tauchtouren für Touristen zur Titanic an. In einem experimentellen, nicht geprüften und nicht zertifizierten U-Boot. Das ist nun seit einem Tag abgängig und Rettungsmissionen laufen an. Die Taucher haben noch knapp 40 Stunden Sauerstoff an Bord.

Eine Gruppe von 5 Personen hat einen Tauchgang zur Titanic gestartet und nach einiger Zeit den Kontakt zur Oberfläche verloren. Zum jetzigen Zeitpunkt verbleiben den Tauchern – Touristen, nur so nebenbei – noch knapp 40 Stunden Sauerstoff an Bord.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Die ganze Sache hat aber einen äußerst interessanten Twist, wenn man feststellt, dass etliche Mechanismen und Systeme, die der Sicherheit des U-Boots dienen, nicht so, wie man es sich erwarten würde, eingesetzt werden oder schlichtweg fehlen. David Pogue, der letztes Jahr die Tour zur Titanic unternommen hat (und, das nur so nebenbei, unterschreiben musste, dass ihm klar sei, dass die Titan, so der Name des U-Boots, ein „experimentelles Gefährt sei, das von keiner offiziellen Stelle genehmigt oder zertifiziert wurde und eine Fahrt damit in „physical injury, emotional trauma or death“ enden könnte), schildert diese zumindest für mich beunruhigende Geschichte, in der sich das U-Boot für 5 Stunden einfach mal so verirrt hat.

Kann man denn nicht einfach die Position des U-Boots bestimmen, fragt jemand auf Twitter nach? Nicht so wirklich, die Antwort, denn:

This submersible does not have any kind of beacon [that could be detected by searches]. On my expedition last summer, they did indeed get lost for about 5 hours, and adding such a beacon was discussed […] They could still send short texts to the sub, but did not know where it was. It was quiet and very tense, and they shut off the ship’s internet to prevent us from tweeting. […] The company gave us a different rationale for shutting off the Internet… That this could be an emergency, and they needed all channels open… And we had no idea how to confirm whether or not that was true.

David Pogue

Verloren gehen ist die eine Sache, nicht mehr auftauchen können oder einen technischen Defekt haben, eine ganz andere. Doch auch dazu gibt es einen Bericht in der New York Times, der sich auf Probleme bezieht, die bereits 2018 (!) bekannt waren und zeigen, wie OceanGate auf Biegen und Brechen verhindert hat, die Titan inspizieren, prüfen und zertifizieren zu lassen, obwohl praktisch alle relevanten Akteure im Bereich der Unterwasserfahrt dazu rieten.

OceanGate’s director of marine operations, David Lochridge, started working on a report around that time […] producing a scathing document in which he said the craft needed more testing and stressed “the potential dangers to passengers of the Titan as the submersible reached extreme depths.” […] Industry leaders, deep-sea explorers and oceanographers […] warned in a letter to its chief executive, Stockton Rush, that the company’s “experimental” approach and its decision to forgo a traditional assessment could lead to potentially “catastrophic” problems with the Titanic mission.

NY Times

Wer will, kann der Sache auf Twitter folgen.

Aktualisierung am 23. Juni 2023

Die Sauerstoffvorräte sind heute auf jeden Fall erschöpft und die US-Küstenwache hat ein paar hundert Meter vom Schiffswrack der Titanic Trümmerteile entdeckt, die wohl von der Titan stammen. Das Mini-U-Boot dürfte bereits am Sonntag beim Abtauchen implodiert sein. Das sind den Umständen entsprechend und mit allem ihnen angemessenen Respekt sogar gute Neuigkeiten, denn anstatt zu ersticken oder zu erfrieren, dürften die 5 Menschen an Bord somit einen sehr schnellen Tod erlitten haben. Implosionen vollziehen sich in Millisekunden.

James Cameron, der selbst Extremtauchgänge durchgeführt hat, weist ruhig und analytisch – you know, „boring white guy“ – auf die surreale Ironie hinter dem so leicht vermeidbaren Unglück hin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert