Apoorva Govind, früher selbst bei Apple, hat in einem Twitter-Thread (wo sonst?) „about unintended consequences“ erläutert, wie Apples gegen Facebook ausgerichtetes Datenschutzprogramm letztendlich Klein- und Mittelbetrieben geschadet und gleichzeitig Amazon (und Google) in die Hände gespielt hat.
60-70% der direct-to-consumer Brands in den USA nutzen Shopify als Software für ihre Onlineshops. Da Shopify keine Plattform ist und somit nicht über den Plattformeffekte oder ein eigenes Discoverysystem verfügt, nutzen Klein- und Mittelbetriebe (KMB) hochgradig zielgerichtete Werbung in den sozialen Medien, um Traffic auf ihre Websites zu bringen. Daraus ergibt sich eine Win-Win-Situation: Shopify kann zwar nicht mit Netzwerk- und Plattformeffekten aufwarten, dafür verrechnet das System aber auch nicht die horrenden Gebühren von 30-40%, die große Plattformen wie Amazon verlangen. Wer Traffic auf seinen mit Shopify betriebenen Webshop bringen möchte, setzt daher auf verhältnismäßig günstige, dafür hochgradig zielgerichtete Werbung in sozialen Medien, vornehmlich Facebook. In Summe ist das immer noch billiger als die von Amazon verrechnete Gebühr. Somit bilden Shopify (als Shop) und Facebook (als Werbeplattform) eine gute und vor allem günstige Alternative zur Plattformabhängigkeit bei Amazon. Doch wie lange noch?
Man kann die aktuelle Entwicklung als vielleicht unbeabsichtigte Folge einer lediglich vorgeblich dem Datenschutz dienenden, in Wirklichkeit aber dem Aufbau eines eigenen Werbenetzwerks zugrunde liegenden Maßnahme vonseiten Apple nennen. Apple hat mit seiner App Tracking Transparency (ATT) das Targeting über Facebook und andere soziale Medien, also die lebenswichtigen Zulieferkanäle kleiner Shopbetreiber auf Shopify, de facto abgedreht. Der stark negative Trend im Return (konkret den Return on Ad Spend) durch die Unschärfe des Targetings, lässt die Margen, die große Verkaufsplattformen verlangen, plötzlich einen besseren ROI (Return on Investment) haben als die Kombination aus Shopify + Facebook-Ads bisher. Ein Albtraum für eine bisher ganz gut funktionierende und einen weiteren Player im Markt (Shopify) aufrecht erhaltende, für KMB kostengünstige Alternative.
Um wirtschaftlich handeln zu können, sind sie, also die KMB, nunmehr aufgrund der fehlenden Präzision des (somit wegfallenden) Zulieferkanals „Facebook Ads“ auf den Netzwerk- und Plattformeffekt großer Plattformen angewiesen. Und die einzige Plattform, die über nennenswerte Mitgliederzahlen verfügt und somit den dringend benötigten Netzwerkeffekt, in dessen Abhängigkeit nun KMB sind, anbieten kann, ist Amazon.
Apple hat somit durch die Einführung der „App Tracking Transparency“ einen alternativen Kanal für die Kombination aus Shop + Ads (also Shopify + Facebook) de facto vernichtet und einen etablierten Player – Amazon – umso mehr gestärkt. Gleichzeitig bietet Apple seinen Userinnen und Usern keinen wirklich Mehrwert im Sinne besseren Datenschutzes. Der Aufbau eines eigenen Werbenetzwerks ist kein Datenschutz, sondern die Ausnutzung einer de facto Monopolstellung zu eigenen Gunsten. In den Worten der Urheberin dieses Threads:
Apple basically screwed over Shopify, SMB owners & sealed the monopoly of Amazon. As an Apple customer, does it mean I’ll not see ads anymore? No! Just means I’m seeing shittier ads. Apple is building their own ad system but that’ll probably take years to get as good as FB […] I’ll caveat this by saying obviously the economic downturn along with supply chain constraint is probably playing a bigger part in the transition for now. There is a future in which that might be fixed. The targeting issue is going to be a problem until Apple gets it together
@Appyg99
Gut. Also Shopify, Facebook und mit ihnen viele KMB sind nun wieder zurück in der Abhängigkeit übermächtiger Plattformen (Apple + Amazon). Also nicht gut.