Mimestream, Spark und ein bisschen Gmail und Hey

Zwei Kommentare zu Mail-Apps, zwei komplett unterschiedliche Zugänge, aus denen man gut herauslesen kann, warum es das perfekte Mailprogramm nie geben wird können.

Auf der einen Seite schreibt Adam Engst über den kürzlich in der Version 1 veröffentlichten Gmail-Client Mimestream und lobt die App als beste lokale (und native) E-Mail-Experience für alle Mac-User, die Gmail nutzen. Besonders gefällt ihm, wie sich die App in seinen gewohnten Workflow integriert und ihn nicht durch Verfolgen eines Produktivitätskonzepts an der Arbeit behindert. Adam Engst sieht E-Mails praktisch ausschließlich als Medium zur Kommunikation und zur Archivierung, was seinen Zugang zur Bewertung einer App, die eben diese E-Mails verwaltet, eindeutig macht.

I spend hours per day in email, and while I’m willing to tweak my working habits slightly to match what an app can do, I prefer it to accommodate my idiosyncrasies. […] For instance, I seldom delete messages. […] So it’s vital that my email client supports that approach rather than pushing its own concept of Inbox Zero or whatever philosophy it might have. […] Using Mimestream feels like driving a well-engineered automobile instead of a low-end car that feels like it was assembled from cheap, off-the-shelf components.

Adam Engst

Ich habe das Mailprogramm auch ausprobiert und muss schon sagen, dass Mimestream tatsächlich perfekt als App wiedergibt, was Gmail möglich macht. Dass und wie das Programm auch Kontaktdaten, Abwesenheitsbenachrichtigungen und andere Daten neben den E-Mails synchronisiert und eine nahtlose Verbindung zwischen dem Mailprovider und einer lokalen App herstellt, ist gut umgesetzt und elegant gelöst.

Für mich ist die App trotzdem noch nichts, weil sie einerseits nur mit Gmail funktioniert (und ich somit alle anderen E-Mailkonten, die ich benötige, mit anderen Programmen bearbeiten müsste), andererseits, weil sie trotz ihrer perfekten Integration mit Gmail eine für mich mittlerweile gewohnte Funktionen sehr zu meinem Erstaunen nicht implementiert hat: „Später senden“. Dass das für mich wichtig ist bzw. ich mir „Später senden“ (und „Zurückstellen“ bzw. „Snoozen“) von einer modernen E-Mail-App erwarte, habe ich schon öfter angemerkt. Neil Jhavery, der Entwickler der App, hat die Funktion allerdings bereits auf der Roadmap, verweist aber darauf, dass die Implementierung nur deswegen nicht erfolgt ist, weil „Später senden“ von der Gmail API noch nicht unterstützt wird. Womit das Feature weniger in seinen als viel mehr in den Händen von Gmail liegt. Und das ist natürlich bei einer App, die ein natives Interface für einen Webservice sein will, in meinen Augen ein Problem.

Genau eine Woche nach der Veröffentlichung der Lobeshymne auf Mimestream hat „Citizenkyle“ auf Substack einen Eintrag mit dem Titel „My new favorite email app“ veröffentlicht. Schon in der Einleitung wird klar, dass der Autor einen völlig anderen Zugang zum Thema E-Mail hat. E-Mails sind in seinem Fall weit mehr als nur Medium zur Kommunikation und Archivierung, sie sind viel mehr strukturierendes Element seines Alltags (ähnlich wie bei mir).

I have […] embraced email as way to organize my life. It’s a messaging platform, it’s a to-do list, it’s a reminders app, it’s an archive, it’s a paper trail. Sure, there are plenty of other apps that can be used for these purposes, but there’s something to be said for one-stop shopping, especially if you already live in email all day.

My new favorite email app

Bei so einem Zugang ist klar, dass man Neues, wie zum Beispiel den E-Mailanbieter Hey ausprobiert oder sich die Organisationsfunktionen anderer Anbieter ebenso zu Gemüte führt. Mit Hey bin ich aus Gründen, die auch in diesem Beitrag genannt werden, nie warm geworden. Zu viel versucht der Service, Usern die eigene Art und Weise, mit E-Mails umzugehen, aufzuzwingen. Und dass es keine IMAP-Unterstützung gibt bzw. man E-Mails nicht importieren kann, hat den Service sofort für mich uninteressant gemacht.

HEY genuinely looked and felt like a new kind of email. And it featured some major functional workflow changes. The thing is, these weren’t new options. It was HEY’s way or the highway. […] I have found a lot to like with HEY, but persistent annoyances remain as well.

Wie fast alle, die ich kenne und die E-Mails als wesentlichen Bestandteil ihres (Arbeits-) Alltags und ihrer Organisation betrachten, landet Citizenkyle bei… Spark. Ich kann keinen zusammenfassenden Absatz des Artikels zitieren, der pointiert argumentieren würde, warum, aber ich finde die im Artikel angeführten 18 Punkte, in denen Spark (die App) mit Hey und Gmail (den Services) verglichen wird, durch die Bank gut gewählt und beschrieben.

Wer also in diesem Lager anzutreffen ist, mehrere E-Mailaccounts verwalten muss und wen zumindest ein kleiner Anteil an Produktivitätsoptimierung über eine App nicht stört, sollte sich Spark ansehen (und meinen Beitrag dazu lesen). Wer einfach nur ein geniales Interface für seine Gmail-Accounts haben, aber das Webinterface nicht nutzen will, Mimestream. Beides tolle Apps, beide Abonnements.

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