Online-Profile Verstorbener

Was kann und soll man tun, wenn man auf Facebook oder einem anderen sozialen Netzwerk das verwaiste Profil einer bereits verstorbenen Person aus dem eigenen Freundeskreis oder sogar aus der eigenen Familie findet? Mit genau dieser Frage hat sich die selbst mit einem Ablaufdatum versehene Futurezone beschäftigt und untersucht, wie man Profile in Social Networks vererben oder was man mit ihnen nach dem Ableben einer Person tun kann.

Was kann man tun?

Sofern Angehörige oder Freunde nicht über die Zugangsdaten für die Onlineprofile des Verstorbenen verfügen, bleibt außer Onlineservices, die sich um die Löschung, Bereinigung und Beseitigung von Onlineprofilen kümmern, nicht viel übrig. Lediglich Facebook stellt seit dem 16. April 2007 ein Formular für die Meldung des Profils einer verstorbenen Person zur Verfügung. Alle anderen Netzwerke regeln Todesfälle über das herkömmliche Kontaktformular.

Was soll man tun?

Abseits der technischen Möglichkeiten zur Löschung der Netzwerkprofile Verstorbener stellt sich immer auch die Frage, ob man als Angehöriger oder Freund so ein Profil überhaupt fortführen oder löschen soll.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee, einen virtuellen Ort des Gedenkens für ein Familienmitglied oder einen guten Freund zu haben, der nicht nachträglich eingerichtet wurde, sondern die „natürliche“ Fortsetzung eines Raumes darstellt, den schon der nunmehr Verstorbene zur Kommunikation benutzt hat. So ein Ort konfrontiert alle Hinterbliebenen und Freunde mit Wahrheiten, die der sonst so selektiven Erinnerung entgegenwirken können und ein Bild aufrechterhalten, das der Persönlichkeit eines Menschen mehr entspricht als das formalisierte „Ruhe in Frieden“ kalter Grabsteine oder die metaphorischen „Gefällt mir“-Buttons diverser Onlinefriedhöfe.

Vielleicht hat Mark Zuckerberg ja recht, wenn er in der allmählichen Auflösung der Privatsphäre Einzelner eine positive gesellschaftliche Entwicklung für alle sieht. Vielleicht werden wir in Zukunft tatsächlich unsere Lieb- und Leidenschaften akzeptieren und sie nicht mehr gesellschaftlichen Konventionen unterwerfen und verleugnen müssen.

Ein erster Schritt in diese Richtung wären Onlineprofile im Gedenkstatus wie Facebook das momentan anbietet. Sie würden uns als zentraler Ort des Trauerns auch fehlgeleitetes Mitgefühl ersparen, das sich mehr und mehr auf den öffentlich einsehbaren Lifestreams der Angehörigen ereignet und die Krokodilstränen ihrer „Friends“ zur Schau stellt, denen man höflich begegnet und hofft, sich niemals in der peinlichen Situation widerzufinden, sich tatsächlich auf dieses inhaltsleere Gebrabbel ohne jegliche Konsequenz einlassen zu müssen. Geweint wird seit der Digitalkamera in Einsamkeit und Freunde haben wir ohnehin keine mehr. Beileid bekundende Mitteilungen Angehöriger und Bekannter auf den Onlineprofilseiten Verstorbener tendieren wahrscheinlich zu mehr Ehrlichkeit.

Was also soll man tun? Onlineprofile im Gedenkstatus, bereinigt um die 300 „Friends“, die der Tote ohnehin nie gesehen hat. Und echte Trauerarbeit alleine am Friedhof und einsam im Park. Nicht vor dem Computer. Nicht auf Facebook.