Tumblr hat einen Blogbeitrag („Tumblr’s Core Product Strategy„) veröffentlicht, bei dem ich, vor allem in der Diagnose der „Probleme“, mit denen Tumblr zu kämpfen hat, mit dem Kopfschütteln gar nicht mehr aufhören kann. Bitteschön, hier der erste Absatz der Diagnose:
In order for Tumblr to grow, we need to fix the core experience that makes Tumblr a useful place for users. The underlying problem is that Tumblr is not easy to use. Historically, we have expected users to curate their feeds and lean into curating their experience. But this expectation introduces friction to the user experience and only serves a small portion of our audience.
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Es folgen Lösungsansätze und Prinzipien, nach denen Tumblr weiterentwickelt werden soll, die aus einem (1) vereinfachten Anmeldeprozess, (2) der besseren Zuspielung von bei Tumblr generiertem Content, (3) der Vereinfachung an der Teilnahme in der Contentkreation für neue Userinnen und User, (4) Wachstum von Nutzerzahlen und (5) Engagement und (6) der allgemeinen Stabilität des Service und der Servicequalität bestehen.
Als ich vor mehreren Jahren Tumblr tatsächlich als CMS für meinen Blog in Betracht gezogen habe, war Tumblr einfach – sehr einfach – zu bedienen. Es gab ein paar Beitragsformate – Text, Bild, Galerie, Video, Ton, Chat, usw. – und ein für jedes Format optimiertes Interface. App oder Website an, Beitragsformat auswählen, Beitrag posten, Sache erledigt. Das war die „Komplexität“ bei der Nutzung von Tumblr. („Not easy to use“ – LOL!)
Nun hat Automattic Tumblr seinen allseits beliebten (NOT!) Block-Editor aus WordPress aufgezwungen und plötzlich wird die Sache kompliziert. Es gibt nicht mehr nur ein Beitragsformat, sondern Beiträge sind Container für Blöcke, die dann wiederum einem der vorherigen Beitragsformate entsprechen. Somit kann in einem Beitrag sowohl eine Galerie als auch Text oder ein Video oder sonst ein Content-Element vorkommen. Das ist nicht mehr einfach und niederschwellig, sondern ein in Tumblr-Layout präsentiertes WordPress. Und was wir bei WordPress schon nicht mögen, aber noch irgendwie in Kauf nehmen, weil es ja ein größeres CMS ist, das auch kompliziertere Layouts und Inhalte darstellen können muss, ist für ein System wie Tumblr, das ohne jegliches Nachdenken bedienbar sein muss, tödlich.
Ich kann mich gut an Urlaube erinnern, in denen ich die Tumblr-App gestartet, eine Aufnahme vom Meeresrauschen gemacht und sie ohne Überschrift, ohne Textinhalt, ohne irgendwas einfach so auf Tumblr gepostet habe. Das hat Spaß gemacht, war supereinfach und hat in wenigen Sekunden Glückshormone produziert. Jetzt, da das Audiofile „nur“ noch ein Block in einem regulären Beitrag ist, muss ich es zuerst hochladen, dann einen Audio-Block in einen Beitrag einfügen, und ich fühle mich verpflichtet, dem Eintrag zumindest einen Titel und ein paar Schlagworte zu geben. Der Spaß, das so schnell und niederschwellig zu machen wie früher, ist komplett verloren gegangen. Das, Automattic, ist kompliziert und nicht „easy to use“, und nicht irgendwelche anderen, absurden Gründe: Das Nutzen von Tumblr macht einfach keinen Spaß mehr, sondern fühlt sich wie Arbeit an.
Für mich sind die Diagnose und die Lösungsvorschläge wie in der Produktstrategie für das Tumblr-Kernprodukt beschrieben, allgemeines Gewäsch, das auf jeden Service anwendbar ist. Und somit nicht auf Tumblr anwendbar. Ich habe wirklich keine Ahnung, wo dieses Strategiepapier herkommt, definitiv aber von Menschen, die Tumblr nie benutzt haben. So oft liegen die offensichtlich verbesserungswürdigen Issues auf der Hand, aber wer auch immer für die Weiterentwicklung verantwortlich ist, greift leider daneben und verstrickt sich in Nebensächlichkeiten, die mit dem eigentlichen Kernproblem der Plattform meiner Meinung nach aber auch gar nichts zu tun haben.