COVID-19, Tag 763: Normalisierung der Angst

Corona ist kein Thema mehr, außer für diejenigen, die noch immer dagegen demonstrieren und diejenigen, die einer irrationalen Angst unterliegen. Oder? Jedenfalls tun mir letztere mehr leid als erstere.

Donnerstag, 14. April 2022, Tag 763 der Corona-Pandemie. Corona ist kein Thema mehr, oder? Wir tragen noch Masken in den U-Bahnen und im Supermarkt, aber ansonsten scheint das Thema in Vergessenheit geraten zu sein. Die letzte, sehr große Welle, hat ja ohnehin fast alle erwischt, ab jetzt, so scheint es mir, weiß man mit dem Virus umzugehen. Die Infektionszahlen gehen steil hinunter, die Corona-Ampel wechselt im Großteil Österreichs auf Orange, also was soll schon sein?

Sehen wir uns an, was diese Infektionswellen zurückgelassen haben! Auf der einen Seite haben wir Personen, die ihre Sichtweise auf wissenschaftliche Erkenntnisse exponiert und sich dabei in eine Ecke manövriert haben, aus der sie nicht so leicht herauskommen. Wer öffentlich zur Schau stellt, was heute bestenfalls belächelt wird, muss seinesgleichen finden, um wer zu sein. Doch ein Gros derer, die am Samstag die Straßen blockiert haben, ist verschwunden; ich habe zuletzt eine Gruppe von vielleicht 25 Personen auf der Mariahilfer Straße gesehen, die eine Art Demonstration sein wollten. Sie wurden belächelt und häufig war ein erstauntes „die gibt’s auch noch?“ zu hören. Auch mich hat es gewundert, dass etwas, das angeblich nie Thema hätte sein dürfen, doch noch Thema ist.

Auf der anderen Seite, und da sieht es nicht viel besser aus, gibt es eine Gruppe von Menschen, die, von Angst getrieben, denjenigen, die sich auskennen, gut zugehört haben, solange es ums Isolieren und ums Abkapseln von der Gesellschaft ging, nun aber, da es zu einer Lockerung kommt, verschließen sie ihre Ohren und beharren auf Maßnahmen, die schlichtweg nicht mehr notwendig, ja sogar schädlich sind. Sie wollen nicht erkennen, dass das Risiko, an einer COVID-Infektion schwer zu erkranken oder gar zu sterben, stark gesunken ist und mittlerweile auch vonseiten der Medizin ganz gut gehandhabt werden kann, dass die neuen Varianten des Virus mildere Verläufe verursachen und – ein wichtiger Aspekt – dass wir an einem Punkt angelangt sind, an dem das Isolieren und das Einsperren in den eigenen vier Wänden – und seien sie auch noch so groß – auf Dauer wahrscheinlich negativere Auswirkungen auf Geist und Körper hat als eine milde COVID-Infektion. Man darf nicht vergessen: Die Personen, von denen ich spreche, bunkern sich seit März 2020 durchgehend (!) ein. Sie haben ihren Freundeskreis eingeschränkt und ihre Körper der Isolation geopfert. Das kann nicht gesund sein.

Sie tun mir mehr leid als die 25, die ich auf der Mariahilfer Straße gesehen habe. Denn ist die Angst einmal etabliert, geht sie nicht so leicht weg. Sie wird zur Normalität. Und das ist beängstigend.

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