Vor 6 Jahren wurde Hossein Derakhshan im Iran zu einer Gefängnisstrafe von fast 20 Jahren verurteilt, „mostly for things I’d written on my blog“. Heute ist er angesichts dessen, was aus seinem Internet geworden ist, schockiert und verstört. Aus einem Lese-Internet wurde ein Fernseh-Internet.
Maybe it’s that text itself is disappearing. After all, the first visitors to the web spent their time online reading web magazines. Then came blogs, then Facebook, then Twitter. Now it’s Facebook videos and Instagram and SnapChat that most people spend their time on. There’s less and less text to read on social networks, and more and more video to watch, more and more images to look at. (…) the web started out by imitating books and for many years, it was heavily dominated by text, by hypertext. Search engines put huge value on these things, and entire companies — entire monopolies — were built off the back of them. But as the number of image scanners and digital photos and video cameras grows exponentially, this seems to be changing. Search tools are starting to add advanced image recognition algorithms; advertising money is flowing there. (…) We seem to have gone from a non-linear mode of communication — nodes and networks and links — toward a linear one, with centralization and hierarchies. The web was not envisioned as a form of television when it was invented. But, like it or not, it is rapidly resembling TV: linear, passive, programmed and inward-looking.
Ich muss gestehen, auch mir fällt es immer schwerer, längere Texte zu verfassen und das Blog-Gefühl von 2008 wiederaufleben zu lassen. Die Zeiten, in denen Artikel mit deutlich mehr als 300 Wörtern kein Problem waren, sind definitiv vorbei. Und das in mehrer Hinsicht: Einerseits schreibe ich sie viel seltener, andererseits liest sie kaum jemand (zu Ende). Kommentare sind schon lange nicht mehr interessant, weil sie, vor allem im deutschsprachigen Raum, nur in sehr seltenen Fällen zur Diskussion genutzt wurden.
Und ich brauche nicht viel weiter als rund ums Textfeld, in das ich diesen Text tippe, zu schauen. Ich kann WordPress heutzutage kaum mehr ohne Plugin nutzen, das mir aus dem freien Text-Eingabefeld, mit dem ich als Blogger groß geworden bin, eine ganze Reihe von auszufüllenden Feldern vorgibt. Tumblr ist schuld! Die einfache Textarea althergebrachter Content Management Systeme wurde schrittweise gegen eine aus mehreren Feldern bestehende Eingabemaske ausgetauscht. Und nein, Bloggen ist das keines, wenn ich die noch verbleibenden 3 Felder, ah, nur noch 2, und – endlich! – nur noch dieses eine Feld ausfülle, um dann einen mäßig interessanten Beitrag endlich, weil ich schon so lange nichts mehr verfasst habe, zu veröffentlichen.
Zentralisierung und Langeweile, das ist das Internet im Jahr 2015. So pathetisch das klingt, so wahr ist es. Auf Twitter kann ich versuchen, in gerade mal 140 Zeichen Lust auf die Idee zu einem komplexen Gedanken zu machen, mehr geht sich da nicht aus. In die Tiefe geht es hier sowieso nicht. Facebook ist in meinem Stream mittlerweile zu einer Anhäufung von „Visual Statements“ (das sind sinnlose Texte auf verschwommenen Bildern) und dem Hinweis, das irgendjemand sein Titelbild aktualisiert hat, geworden. Kein einziger derartiger Beitrag in diesen zentral gesteuerten und eingezäunten Communities hat mich je zu einem Kommentar bewogen. Ich habe an einer nie stattzufindenden Diskussion niemals partizipiert. Ich habe gelangweilt konsumiert und emotionslos weitergeklickt, um vielleicht woanders etwas Bessers zu finden. – „Weggezappt“ wäre das passende Wort, sprächen wir übers Fernsehen. Aber das tun wir ja nicht, oder doch?