Jason Kottke kritisiert die in journalistischen Beiträgen immer öfter eingesetzte (sinngemäße) Formulierung „nach Meinung von Expertinnen und Experten“ vehement, da sie nicht selten eine Distanz zur Wahrheit schafft, wo es keine Distanz zur Wahrheit geben dürfte.
Large media companies, and the NY Times in particular these days, like to use the phrase “experts said” instead of simply stating facts. The thing is, many other statements of plain truth […] lack the confirmation of expertise.
Jason Kottke
Kottke liefert dazu auch gleich ein Beispiel, das die New York Times auf Bluesky gepostet hat. Man beachte die besagte Formulierung „experts said“ und worauf sie sich bezieht.
President Trump said on Saturday he was considering revoking Rosie O’Donnell’s U.S. citizenship. Trump has feuded with the comedian and actress since before he became president. Experts said the president does not have the power to take away the citizenship of a U.S.-born citizen.
NY Times
Persifliert man, was die New York Times da gepostet hat, und treibt die Distanzierung zu einfachen Wahrheiten mittels „experts said“ auf die Spitze, dann hört sich derselbe Absatz absurd und dumm an.
Donald Trump, who experts said is president of the United States, […] said […] that he was considering revoking (which experts said is a process of making invalid) the U.S. citizenship of a person with the last name of O’Donnell […] Trump […] does not have the power (which experts said is whatever Robert Caro said it was in that heavy book about Robert Moses […]) to take away the citizenship of a U.S.-born citizen.
Jason Kottke
Oder, viel einfacher, sicherer, die eigene Position und einfache Wahrheiten respektierend, ohne gesetzte Gegebenheiten zu relativieren oder die Leserinnen und Leser in der Annahme eines Faktums durch das „experts said“ unnötig zu verunsichern:
President Trump said on Saturday he was considering revoking Rosie O’Donnell’s U.S. citizenship. Trump has feuded with the comedian and actress since before he became president.
Jason KottkeExperts saidThe president does not have the power to take away the citizenship of a U.S.-born citizen.
Ich habe es schon einmal gesagt und ich sage es wieder: Jason Kottke macht teils richtig gute, journalistische Arbeit und liefert zugespitzte, nicht selten medienkritische Beiträge. Denn diese Art der sich zur Wahrheit distanzierenden Formulierung in einem Bluesky-Post muss jemandem erst einmal auffallen. Gut, dass er sich einmal mehr als feinfühliger Medienbeobachter entpuppt. (Kleine Relativierung hier: praktisch alle Kommentare auf Bluesky verweisen auf und kritisieren die Formulierung mittels „experts said“. Also vielleicht ist es nicht ausschließlich Kottkes Leistung, das beobachtet zu haben. Bleibt aber immer noch sein Gespür, die Tatsache in einem Blogbeitrag festzuhalten, explizit zu machen, und somit ein Analyse- und Wachsamkeitskriterium zu etablieren, das Leserinnen und Leser fortan zur Anwendung bringen können.)
Die Distanz vermittels „experts said“ relativiert nämlich die Gültigkeit von Fakten gehörig und macht sie zum Gegenstand möglicher Diskussionen, wo es keine Diskussionen gibt. Und Gegebenes dermaßen herauszufordern ist ein gewaltiges Problem, vor allem im Bereich journalistischer Arbeit.
Der Trigger ist gesetzt, das kritische System aktiviert. Danke und bravo, Kottke!