Jason Kottke hat seine Website mit 5. Februar 2025 auf eine Art „Blog mit live Dokumentation der Ereignisse in den USA“ umgewandelt, weil er, was Donald Trump und Elon Musk dort abziehen, als „Coup“ ansieht. Wo man sonst und in bunter Umgebung „art, beauty, and laughter“ vorfindet, geht es nun um Politik, Haltung, Täuschung und Krisenmanagement. Ein harter Kontrast.
As you might have noticed […] I have pivoted to posting almost exclusively about the coup happening in the United States right now. My focus will be on this crisis for the foreseeable future. […] I still very much believe that we need art and beauty and laughter and distraction and all of that, but I also believe very strongly that this situation is too important and potentially dangerous to ignore. […] Witnessing the events of this past weekend, I felt very much like I did back in March 2020, before things shut down here in the US — you could see this huge tidal wave coming and everyone was still out on the beach sunbathing because the media and our elected officials weren’t meeting the moment. I believe that if this coup is allowed to continue and succeed, it will completely alter the course of American history — so I feel like I have no choice but to talk about it.
Jason Kottke
Jasons Wechsel in die Dokumentation der politischen Vorgänge in den USA ist aus mehreren Gründen interessant. Abgesehen davon, dass ich im diesen Wechsel ankündigenden Artikel endlich erfahren habe, warum er 2022 eine Pause eingelegt hat – es war ein Burnout, aber nicht ein durch Arbeit verursachtes, sondern ein durch die Konfrontation eines aufgeklärten, die Wissenschaft respektierenden und in puncto Nachrichtenkonsum belesenen Menschen mit dem, was die Corona-Pandemie ans Tageslicht gebracht hat – bietet er, quasi live und vor Ort, eine spannende Sicht aus einem klaren, deklarierten und äußerst kritischen Blickwinkel auf die Vorgänge im Inneren der USA, die er, etlichen, von ihm auf seinem Blog zitieriten Expertinnen und Experten folgend, als Coup bezeichnet.
Das eigene Blog1 dem Versagen der Medien entgegen stellen
Der Coup wird auf kottke.org beschrieben und dokumentiert von jemandem, der nach dem Sinn und nach plausiblen Erklärungen hinter den verschiedenen Vorgängen sucht, ohne dabei auf Verschwörungstheorien und andere Erklärungsmuster hereinzufallen, die leicht und plausibel klingen, aber unwahrscheinlich sind und viel von dem, was gerade passiert, erst verursacht oder zumindest ermöglicht haben. Eine Aufgabe und Tätigkeit – und das beschreibt und kritisiert er auch – die er eigentlich bei den Medien verortet sehen würde, die aber nicht liefern, auch wenn genau das ihr einziger Zweck und Nutzen wäre. Es folgt ein sehr, sehr bedeutender Abschnitt in seinem Blogbeitrag, der die Misere offenlegt.
I […] believe very strongly that this situation is too important and potentially dangerous to ignore. And it is largely being ignored by a mainstream press that has been softened up by years of conservative pushback, financial pressures, and hollowing out by Facebook & Google. But I have an independent website and a platform, and I’m going to use it the way that I have always used it: to inform people about the truth of the world (as best as I understand it) and what I feel is important.
Jason Kottke
Nie hätte ich mir gedacht, dass einzelne Blogs, also das oftmals schon totgesagte Medium des Web 2.0, die Rolle einnehmen würden, die den eigentlich genau dafür existierenden Medien obliegt: Menschen über die Wahrheit zu informieren und dabei herauszuarbeiten, was wichtig oder unwichtig ist. Alter, wo sind wir da gelandet?!
Und noch ein Aspekt ist bemerkenswert in diesem Blogbeitrag: Jason Kottke bietet ja seit einiger Zeit die Möglichkeit auf seinem Blog an, Beiträge zu kommentieren, so auch in der nunmehrigen politischen Berichterstattung. Doch Kommentare selbst sind ein in gewisser Weise soziales Unterfangen und spiegeln nur allzu häufig die in den sozialen Medien entwickelten, dort auch gerne benutzten, aber letzten Endes wenig hilfreichen Muster bei Online-Diskussionen zu politischen Themen wider. Jason Kottke überlegt daher, wie er dieses Problems Herr werden kann, da sein Blog ja nicht von einer Perpetuierung dieser Verhaltens- und Diskussionsmuster profitiert, sondern darunter leidet.
Regarding comments: I haven’t been turning them on for any of the posts about the coup. I am trying to figure out how to turn them back on and not have the discussions mirror the sorts of unhelpful patterns that social media has conditioned us into following when discussing political issues online. I have turned them on for this post, but would encourage you to reflect on kottke.org’s community guidelines if you choose to participate; the short version: “be kind, generous, & constructive, bring facts, and try to leave the place better than you found it”.
Jason Kottke
Eine weitere heftige Watsche gegen Social Media und die Medienhäuser dieser Welt. Wer von Werbeeinnahmen abhängig ist, jeglichen Idealismus verloren hat und seine ohnehin niemals neutrale Position zu kaschieren versucht, verliert (Medien). Wer hingegen klar Stellung bezieht und eine Einordnung vonseiten der Leserinnen und Leser möglich macht, gewinnt (Blogs). Wie konnte es soweit kommen, dass gerade die nicht unkritischen Medien der USA so dermaßen auf jemanden hereingefallen sind, der den Algorithmus durchschaut hat und sie alle mit ihrem Wahrheits- und Objektivitätsanspruch hat brutal auflaufen lassen?
Meine Güte, ich pack’s immer noch nicht: Ein Blog wird gerade zum Fels in der Brandung, die die Schiffswracks der großen Medienhäuser an den Strand spült.
[…] und jeden, liebäugeln mit Putin und während der reichste Mann der Welt den Staat zerschlägt, berichten nur noch Kottke und Wired […]