Problem, neue Features zu vermitteln

Apple - aber nicht nur Apple - hat ein Probleme, neue Features bei seinen User:innen bekannt zu machen. Das ist, glaube ich, durch unsere Natur bedingt.

Jason Snell schreibt über Apples Problem, neue Features in iOS 17 an seine User:innen zu vermitteln. Und schon beim ersten Beispiel finde ich mich wieder: Ich wusste, was Jason Snell da übers Verschieben von Icons über mehrere Screens schreibt, auch nicht.

The other thing I discovered […] was that, despite Apple’s innovations in iOS features over the last few years, my wife remained set in the behaviors she had learned when she started using the iPhone. In other words, Apple made changes to make the experience better–but they just never registered with her. [For example] she complained that she hated dragging apps she actually wanted all the way from the last page forward onto the first page. I pointed out that she could now hold the wiggling app with one finger while rapidly swiping with another in order to quickly change pages, which blew her mind–because she was still following the old behavior of dragging the app icon to the left side of the screen and waiting for the page to scroll. Another new feature she never knew about!

Jason Snell

Ich will gar nicht wissen, wieviele Funktionen ich in macOS, iOS, Google Workspace, Office 365, Zoom, Teams, VS Code, BBedit und anderen System und Applikationen nicht nutze, weil ich schlichtweg nicht weiß, dass sie existieren. Und ich bin sehr daran interessiert, wie Apple das Problem löst, denn früher oder später werden althergebrachte Gewohnheiten von Neuigkeiten anderer Hersteller ausgenutzt, um etwas zu verkaufen, das eigentlich schon lange existiert.

Ich selbst kenne das Problem aber auch von meiner Tätigkeit: Wenn es zwei Möglichkeiten gibt, ein Problem zu lösen – eine alte, die aus Legacy-Gründen aufrechterhalten werden muss, und eine neue, die all die Probleme, die es bei der alten gab, löst -, so bin ich nicht selten damit konfrontiert, dass besonders diejenigen, die sich über die alte Vorgangsweise aufgeregt haben, trotz Vorhandensein der neuen noch immer die alte nutzen, weil sie sich entweder daran gewöhnt haben oder, obwohl man sie ihnen gezeigt hat, die neue vergessen und somit nicht an sie gedacht haben.

Ich glaube, es gibt eine Art Maximalzahl an Features und Funktionen, die wir Menschen mit einem Gegenstand oder einer Software in Verbindung bringen können. Was wir einmal in Zusammenhang mit einem iPhone, einem Laptop, einem Word, Excel oder PowerPoint an Wissen erworben haben, pickt. Wir beurteilen und bewerten diese Geräte, Systeme und Applikationen nach diesem Set an Features und Funktionen ohne dabei auf die möglichen Features und Funktionen zu blicken. – Diese Beschränkung macht es umso schwieriger, innerhalb des eigenen Systems Neuigkeiten anzubringen oder zu vermitteln.

Wer schon länger hier mitliest, weiß, dass WordPress vor einigen Jahren zum Beispiel seinen einfachen und sauberen Editor gegen einen Blockeditor ausgetauscht hat, der bis heute (!) massiv in der Kritik steht. Ich denke, das ist ein Paradebeispiel für neue Funktionalität und eine neue Herangehensweise an Althergebrachtes, und wie sie von Nutzerinnen und Nutzern einfach ignoriert wird. Diejenigen, die vorher mit dem, was heute der Classic-Editor ist, gearbeitet haben, nutzen ihn in den meisten Fällen noch immer. Die, die mit Page-Buildern gearbeitet haben, nutzen sie auch noch immer. Und die wenigen, die tatsächlich auf den Leidigen Gutenberg- bzw. Blockeditor umgestiegen sind, haben entweder vorher nicht so viel mit WordPress gearbeitet oder einen gigantischen Sprung von einem der uralten Legacy-Themes gemacht.

Aber wir brauchen gar nicht so weit weg zu sehen: Ich habe erst unlängst miterlebt, wie eine Freundin eine neue Waschmaschine, die ein paar optimierte Programme hat, um sowohl Wasser als auch Waschmittel zu sparen, von ihr sehr kompliziert so konfiguriert wurde (ja, es gibt Einstellungen > Sparprogramme am Display!), dass eben diese Programme sich so verhalten wie die alten.

Nun ja, der Punkte, denke ich, ist angekommen: Apple hat Probleme, neue Funktionen bei seinen User:innen bekannt zu machen und ich meine, dieses Problem haben alle, weil wir Menschen nun einmal Objekte und Systeme mit einem Set an Features und Funktionen kennenlernen, die sich im Nachhinein nur sehr schwer abändern lassen. So, wie’s halt in der Natur in den meisten Fällen auch ist. Da ändern sich die Eigenschaften von Objekten auch eher selten.

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