Wiener Zeitung 1703-2023

Die Wiener Zeitung erscheint heute nach 320 Jahren zum allerletzten Mal in gedruckter Form. Was übrig bleibt wird wohl ein Zeitungszombie sein, der früher oder später ohnehin eingestellt wird.

Die Österreichische Bundesregierung hat die älteste Tageszeitung der Welt mit heute, 30. Juni 2023, abgestellt. Nach 320 Jahren erscheint die Wiener Zeitung heute zum letzten Mal. Ja, es gibt irgendein Pseudogelaber, dass sie eh online weitergeführt wird und [hier das übliche Blabla einsetzen], aber de facto ist mit heute Schluss. Sportlich übergibt die Redaktion die Staffel an die heute noch zweitälteste, morgen schon neue älteste Tageszeitung der Welt, die Hildesheimer Allgemeine.

Viele Jahre lang hat die „Wiener Zeitung“ einen ganz besonderen Titel getragen. Sie ist […] die älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt. Es war der 8. August 1703, an dem das „Wiennerische Diarium“ erstmals erschien. Mit 1. Juli übergeben wir diese Staffel von Wien nach Niedersachsen, wo sie sozusagen unsere etwas jüngere Schwester in Empfang nimmt. Die „Hildesheimer Allgemeine Zeitung“, wie sie heute heißt, darf den 24. Juni 1705 als Geburtstag historisch für sich in Anspruch nehmen. Sie ist somit ein Jahr und etliche Monate jünger als wir.

Bernhard Baumgartner

Das Aus für die Wiener Zeitung ist nicht unumstritten:

[Der Presseclub] Concordia verweist auf Aussagen von Medienministerin Susanne Raab, die noch vor kurzem erklärt hatte, mit dem von der Regierung geplanten Umbau der Zeitung von einer Tageszeitung zu einer Mischung aus Online-Medium, Ausbildungszentrum, Verlautbarungsplattform und Content Agentur würde kein nennenswerter Stellenabbau einhergehen. „Heute wissen wir, dass dieser Beschwichtigungsversuch nicht der Wahrheit entsprach. Mit der Einstellung der Tageszeitung wird es auch zu einer Zerstörung der bisherigen Redaktion und zu einer Kündigungswelle im Unternehmen kommen. Bisher wurden mindestens 63 Verträge aufgelöst. Unter den Mitarbeiterinnen, die gehen müssen, ist das gesamte Team für Grafik und Layout, die Chefredaktion und sämtliche Ressortleiterinnen. Auch die seit 1995 erscheinende Online-Ausgabe ist somit Geschichte. Die Möglichkeit, dass das geplante Nachfolgemedium, das bereits im Juli starten soll, in derselben journalistischen Liga mitspielen kann, ist auszuschließen“, heißt es.

Wiener Zeitung

Ich vermute, die Wiener Zeitung wird durch die viele heiße Luft aus der Bundesregierung noch ein paar Jahre als eine Art Zombie-Onlinezeitung am Leben erhalten werden. Nach ein paar Jahren wird ihre Existenz in Frage gestellt werden, da sie dann – talentierte Journalist:innen werden sich nicht mit einer pro forma-Zeitung abgeben – nur noch einen Posten in der Jahresbilanz ohne journalistischen oder kulturellen Mehrwert darstellt. Abermals Posse um die endgültige Abschaffung, dann Entzug jeglicher Finanzierung und der Zeitungszombie ist endgültig Geschichte. (Die nachträgliche Argumentation wird sein, die Wiener Zeitung hätte es trotz ach so großzügiger Finanzierung nie geschafft, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.) Können wir uns das nicht gleich sparen und einen harten Schnitt ohne das Drama machen?

Wer die Zeitung noch ein letztes Mal in Händen halten will, sollte zum Kiosk pilgern, wer sie online noch einmal vom alten Team aufbereitet sehen will, wienerzeitung.at aufrufen.

Heute ist Tag der Abschiede. Auch ein Baba an die Wiener Zeitung!

2 Kommentare

  1. Statt WZ zu unterstützen ist Geld für Regierung doch viel besser im Boulevard investiert.

    Next up: ORF kaputt machen.

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