Dia nutzt unser Verhalten als Kontext zur Verbesserung von Anfragen an ChatGPT & Co.

Die Browser Company hat ihren neuen Browser, Dia, vorgestellt. Mit jeder angesehenen Webpage lernt Dia, was uns interessiert und hält diese Informationen bereit, sobald wir mit einer KI zu interagieren beginnen.

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The Browser Company sellt ihren neuen Browser, Dia, vor.

Dia, der Browser der Browser Company und quasi der Nachfolger von Arc, ist da. Das Konzept ist eigentlich ganz interessant: So, wie TikTok von jedem angesehenen und nicht angesehenen Video lernt, was uns mehr oder weniger interessiert und mit der Zeit unser Interessensprofil mehr und mehr verbessert, so macht das Dia mit jedem geöffneten Browser-Tab, damit wir dann ChatGPT1 befragen und relevantere, weil auf unser individuelles Verhalten angepasste Antworten erwarten können.

In anderen Worten: Dia beobachtet uns kontinuerlich beim Browsen, lernt, was uns interessiert und was nicht, und baut daraus Kontext auf, der bei Fragen an ChatGPT mit-übermittelt wird. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit von für uns relevanterer Antworten auf unsere Fragen.

Every time you open a new tab, Dia’s memory automatically takes notes for you. […] These notes are encrypted & stored locally. We don’t take notes on sensitive pages like banking. […] Dia gets better the more you use it. Just browse the web like you have for decades, and Dia’s AI will quietly become more personalized in the background. […] Brainstorming is even more useful in Dia. Since Dia sees the kinds of ideas you share and read in your tabs, it can think creatively in a style that mirrors yours — and your team’s. No more uploading to context windows. Just assume you’ve got a built-in designer who gets it. […] Your memories in Dia – drawn from 1000s of tabs each month – are clearly a new kind of software play-doh.

Josh Miller

Auf der einen Seite sehe ich schon, wie das, was Dia macht, kaum von dem, was Microsoft aufs lokale Gerät bezogen mit seiner Recall-Funktion macht, zu unterscheiden ist, und sicherlich auch mit ähnlichen Problemen in Bezug auf den Datenschutz zu kämpfen haben wird. Im Grunde ist Dia sogar noch schlimmer, da ja der gesamte Kontext „tausender Tabs jeden Monat“ an ChatGPT übermittelt wird, wenn ich dort eine Anfrage stelle. Die Privacy-Seite verspricht, Dia würde Daten nur lokal verarbeiten, wenngleich es auch, sobald nötig, zur Übermittlung von Daten an externe KI-Partner kommen kann.

Besonders interessant ist natürlich, wie immer, wie bestimmte Versprechen formuliert sind. Steht dann da „wir garantieren“ oder wird ein anderes Verb verwendet, um den eigenen Bedingungen zu entsprechen und gleichzeitig freie Hand zu haben. Aus der Privacy-Page bei Dia – besonderes Augenmerk liegt auf der Formulierung des letzten Satzes, bei dem es um Finanz- und Gesundheitsdaten geht.

Chats, history, bookmarks, browsing context, and files are encrypted and stored locally. When you ask Dia’s Chat a question, only the data relevant to that request is sent off your device. Browsing context allows you to ask Dia about your last 7 days of activity. This is powered by summaries, created on our servers and stored locally on your device. Browsing context can be disabled in Settings at any time. […] When your request is routed to our servers, we only send the necessary data (your question, the page you’re on, etc.) to our partners. They are under contract not to store or train their models on your data once your request is complete. Dia will also work to avoid storing and processing data from sensitive sites (like banks or healthcare).

Dia Privacy Policy

Aber gut, wir wissen ja mittlerweile, dass Datenschutz und Künstliche Intelligenz, nicht zuletzt durch die de facto Anordnung eines Gerichts, ChatGPT müsse alle Eingaben/Prompts, auch solche, die Userinnen und User löschen, aufbewahren, ein sehr dünnes Element individueller Datenhoheit ist. So sammelt Dia also ohne Unterlass und verlässt sich auf Verträge, nicht Technik, um Datenschutz versprechen zu können.

Auf der anderen Seite fasziniert mich das Konzept, da ich seit Jahren schon der Überzeugung bin, dass das Zufallsmomentum eines Fundes im Internet ohnehin nie existiert hat, sondern sich aus dem Browsing-Verhalten der Userinnen und User ergeben hat, die etwas aufgeschnappt, aber nicht verarbeitet, sich später aber daran erinnert und explizit danach zu suchen begonnen haben. Meiner Meinung nach sollte ein Archiv der vollständig aufgezeichenten aller je von einem User oder einer Userin besuchten und gelesenen Webpages bei einer Websuche die erste Anlaufstelle sein – und ich denke, in den allermeisten Fällen würde so eine hyper-personalisierte Suchmaschine dort bereits fündig werden. Dia nutzt dieses Konzept indirekt, in dem der Browser Kontext generiert, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, eben jenen Inhalt, wenn auch vermittels eines KI-Chats, zu finden. Spannend.

  1. „ChatGPT“ ist ja mittlerweile ein Synonym für „mit Künstlicher Intelligenz interagieren“ geworden wie es „Googeln“ für „eine Suchmaschine benutzten“ geworden ist, oder sehe nur ich das so? ↩︎

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