Zeig mir lieber gleich deinen Prompt

Lassen wir den Umweg des Mittelteils doch besser aus und konzentrieren wir uns gleich auf die Bewertung, Kritik oder Wahrnehmung von Prompts, die Texte, Bilder, Videos oder andere Formen generieren. Das ist nicht nur menschlicher, sondern auch effizienter und deutlich weniger enttäuschend.

Warum nutzen Menschen ChatGPT und andere Künstliche Intelligenzen, um Schriftstücke zu verfassen? Clayton Ramsey hat dazu eine fast schon radikale Meinung, die, so denke ich, jede und jeder von uns unterschreiben würde; er sieht drei Gründe bzw. Bedingungen, die ich ohnehin hier auf meinem Blog, im einen oder anderen Beitrag schon angeführt habe.

Wir nutzen ChatGPT und andere KIs, wenn wir (1) Texte als irrelevant, bedeutungslos und unnötig wahrnehmen, also Texte, wie sie beispielsweise im Rahmen von Aufgaben in Schule und Studium zu verfassen sind. Da sie nur dem Erwerb eines Abschlusszeugnisses dienen und nicht mit Selbstzweck aufwarten können, ist auch das Schriftstück als solches irrelevant und bedeutungslos. Wir nutzen Künstliche Intelligenz, wenn wir (2) davon ausgehen, dass sie bessere Ergebnisse liefert als man selbst je in der Lage wäre. Das passiert erstaunlich häufig bei akademischen Schriften, vor allem bei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, deren Muttersprache von der des Schriftstücks (also Englisch) abweicht. Und wir nutzen Künstliche Intelligenz, wenn (3) etwas auf dem Spiel steht, wir ChatGPT und andere Dienste also als Sparring-Partner ansehen, der still und heimlich die Arbeit für uns erledigt. „Ist das eh gut genug?“, „Oh, dieser Vorschlag klingt doch viel besser als das, was ich verfasst habe!“ – und schon ist es geschehen.

Besonders gut gefällt mir aber der Abschnitt, in dem sich Clayton Ramsey die Frage stellt, wozu wir überhaupt schreiben. Denn anstatt sich auf das Schreiben selbst zu konzentrieren, wie es für gewöhnlich in solchen Artikel der Fall ist, richtet er seinen Fokus auf das Subjekt der Frage. Er plädiert dafür, dass wir unsere Gedanken aufschreiben (und nicht die synthetisierten Gedanken Anderer, die ChatGTP und andere KIs generieren). Es ist das schreibende Subjekt, das zählt!

I believe that the main reason a human should write is to communicate original thoughts. To be clear, I don’t believe that these thoughts need to be special or academic. Your vacation, your dog, and your favorite color are all fair game. However, these thoughts should be yours: there’s no point in wasting ink to communicate someone else’s thoughts. In that sense, using a language model to write is worse than plagiarism. When copying another person’s words, one doesn’t communicate their own original thoughts, but at least they are communicating a human’s thoughts. A language model, by construction, has no original thoughts of its own; publishing its output is a pointless exercise.

Clayton Ramsey

Und hier schließt sich der Kreis zum Titel seines Artikels, der mit der Aussage aufwartet, dass es wohl besser wäre, wenn wir gleich den Prompt zu sehen bekommen, der den Text generiert, anstatt den synthetisierten, langweiligen, von Einheitsbrei gezeichneten Output. Warum? Weil der Prompt das menschliche Element enthält, das schreibende Subjekt noch Wert hat.

Und weil wir, die wir betrachten, lesen oder hören, unsere Zeit nicht mit generierten Texten, Bildern, Videos und Musikstücken verschwenden wollen, gehen wir doch den radikalen Schritt und lassen das wenig zufriedenstellende Ergebnis gleich fallen. Konzentrieren wir uns doch stattdessen auf den Prompt.

I have never seen any form of create generative model output (be that image, text, audio, or video) which I would rather see than the original prompt. The resulting output has less substance than the prompt and lacks any human vision in its creation. The whole point of making creative work is to share one’s own experience – if there’s no experience to share, why bother? If it’s not worth writing, it’s not worth reading.

Clayton Ramsey

Und ja, da hat er mich, der Herr Ramsey. Denn jetzt, wo ich darüber nachgedacht habe, kann ich mir ebenfalls sehr gut vorstellen, dass es wohl in den meisten Fällen interessanter wäre, den einem generierten Output zugrunde liegenden Input (ergo: Prompt) zu sehen als den mittelprächtigen Text, das emotionslose Musikstück, das langweilige Video oder das abgedroschene Bild.

Sicher, gerade, wenn es um an eine bestimmte Form geknüpfte Texte geht, wird sich viel ändern müssen, wenn anstatt eines 25 Seiten-Papers eine Drittel-A4-Seite an Prompts gelesen wird, aber so ist das nun einmal. Manchmal sind es die Messwerte, die, wenn sie zum Ziel werden, die Sache obsolet machen und vielleicht sogar die ursprüngliche Intention ins Gegenteil verkehren. Also ja, Prompts lesen statt Texte. Was für eine Welt!

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