Spark +AI: Au weia!

Readdle hat seinem E-Mailclient Spark eine OpenAI-Integration verpasst, die das Abarbeiten von E-Mails durch automatisiertes Erstellen von Entwürfen beschleunigen soll. Die Betonung liegt auf dem Soll, denn das Ist ist bei näherer Betrachtung der Erwartung diametral entgegengesetzt und potentiell gefährlich.

Readdle ist auf den Trend aufgesprungen und hat seiner neuesten Version des Mailclients Spark einen AI-Button und die zugehörige Anbindung an ChatGPT spendiert. Die künstliche Intelligenz kann ausschließlich fürs Erstellen von E-Mailentwürfen genutzt werden. Abschicken, verarbeiten usw. muss man seine E-Mails dann schon selbst.

+AI allows you to generate personalized drafts quickly, removing writer’s block and minimizing mental effort. […] With additional quick +AI reply options you can create responses in seconds, saving valuable time. To get a more personalized and detailed response, just add additional context, which will create a reply based on the email and context provided.

Introducing Spark +AI: your personal email assistant

Ich habe das natürlich sofort ausprobiert, doch meine Begeisterung für das Feature hält sich aus mehreren Gründen in Grenzen und nach Lektüre der Datenschutzbestimmungen und wie meine E-Mails potentiell verarbeitet werden, habe ich die Sache ganz schnell wieder abgeschaltet.

Spark +AI nur in der Premium-Version 💶

Die KI-Funktionalität ist nur in der kostenpflichtigen Premium-Version von Spark verfügbar und sie enthält auch nur eine gewisse Menge an Prompts. Spark nennt dieses Limit den „AI-Verbrauch“ und stellt ihn wie den Ladezustand einer Batterie dar. …die natürlich durch den Erwerb weiterer Credits frühzeitig aufgeladen werden kann.

Screenshot Spark-Einstellungen: KI wird nach Verbrauch abgerechnet.
Screenshot Spark-Einstellungen: KI wird nach Verbrauch abgerechnet.

Generierung sehr langsam ⏳

Die Generierung von E-Mailentwürfen ist erstaunlich langsam. Bei meinen Versuchen hat es im Schnitt um die 20 Sekunden (!) gedauert, bis ein KI-generierter Textentwurf fertig vorlag. Das unterbricht den Flow, in den man beim Abarbeiten von E-Mails kommt, enorm und widerspricht vollständig dem Spark-Mantra, ein effizientes Produktivitätstool zu sein. Tatsächlich vorgeschriebene Schnellantworten – dieses Feature bietet Spark ja auch an – sind da um Welten schneller, beschränken sich allerdings auf einige wenige Begriffe oder Emojis. Was aber oftmals reicht. 👍

Unpersönliche, sterile Texte 🥶

Spark weist darauf hin, dass es kein Training der KI an den eigenen E-Mails gibt und das merkt man auch. Die Texte selbst sind steril, unpersönlich, sperrig und wirken wie Fremdkörper in einem E-Mail. Wenn ein Entwurf buchstäblich (oder in der deutschen Übersetzung sinngemäß) mit „I hope this email finds you well“ beginnt, ist es bei mir zum Beispiel sowieso schon vorbei. Also wenn schon KI-Integration, dann soll die mich bitte so gut wie nur irgendwie möglich simulieren und nicht generische Texte auswerfen, auf die ich auch noch lange warten muss.

Datenschutz, oh my! 🥽

Einen letzten Punkt gibt es natürlich noch und er liegt bei so einem Feature mehr als auf der Hand: Datenschutz. Bei neuen E-Mails mit allgemeinen Prompts ist die Sache vielleicht noch unproblematisch, was aber, wenn ich auf ein E-Mail antworte? Wird dann der gesamte Mailverlauf, den man ja für gewöhnlich in einem hin- und her geschickten E-Mail finden kann, an OpenAI geschickt? Zum Thema Datenschutz habe ich im Ankündigungsartikel folgenden Absatz gefunden.

We take data security and privacy seriously, and that’s why we’ve built Spark +AI with our existing commitments in mind. Spark uses OpenAI GPT integration for +AI – the prompts you make to Spark +AI and the content of email will be shared with OpenAI for the sole purpose of providing you with the Spark +AI feature. We do not use your data to train our or OpenAI models. +AI simply makes it easier to create effective emails while maintaining the privacy and security of your data.

Introducing Spark +AI: your personal email assistant

In den aktualisierten Spark-Datenschutzbedingungen habe ich im Abschnitt OpenAI Data ein paar Statements gefunden, die wohl bei einigen für krampfhafte Bauchschmerzen unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes sorgen werden.

We do not store the contents of your emails and your requests for the Spark +AI feature. If you choose to use the Spark +AI feature, we will only transfer the textual context of your email to OpenAI to process your request and generate or edit email text based on that and additional context. […] We do not permit our partners at OpenAI to use your personal data for any other purpose except to monitor the potential misuse or abuse of the OpenAI API.

Privacy Policy for App

Zusätzlich zu den Datenschutzbedingungen für Spark akzeptiert man ja mit dem Aktivieren der KI-Features auch die Datenschutzbedingungen von OpenAI. Auf die gehe ich hier nicht ein, denn wir alle wissen, dass der Datenschutz nach europäischen Normen – zumindest gegenwärtig – ein äußerst umstrittenes Kapitel bei OpenAI ist.

Spark +AI: Halbseidenes Feature mit potentiellen Gefahren 🦄❗

Tja. Spark, es ist schwierig mit dir.

Die Features sind toll, das Layout ist toll, die App ist toll, aber die Sache mit dem Datenschutz ist ein immer größer werdendes Problem, wenn ich mir die Entwicklung der App ansehe. De facto, wenn ich mir das in einer ganz lapidaren Formulierung erlauben darf, hat Spark, durch die Spark-Services datenschutzrechtlich ohnehin schon hart an der Grenze, ein Tool in die App implementiert, das aufgrund des kontinuierlichen Trainings seiner Sprachmodelle an sich schon eine gewisse Öffentlichkeit mit sich bringt. Und dass diese Öffentlichkeit nun in meinen E-Mails herumwühlt, ist ganz, ganz schlecht.

Datenschutz – und ja, ich weiß, dass wir Europäer:innen da eine wirklich sehr strenge, in meinen Augen sogar zu strenge Auslegung davon haben – scheint, was die Priorität in der Entwicklung der App angeht, definitiv recht weit unten zu sein. Was schade ist für den Markt hier. Doch auch abgesehen davon frage ich mich, was da in den Köpfen der Entwickler:innen vorgegangen ist, denn niemand würde es (hoffentlich!) derart an Intelligenz mangeln lassen, ein E-Mail mit Geschäftsgeheimnissen, Zugangsdaten oder ähnlich sensiblen Daten in ChatGPT einzupflegen, doch Spark macht das, wenn ich es richtig verstanden habe, bei aktivierter KI-Funktion sehr wohl. Ohne Warnung, ohne irgendwelche, genau diesen Umstand näher erläuternde Hinweise. Das ist in meinen Augen potentiell eine Gefahr. Für neue E-Mails meinetwegen, soll die KI irgendwas generieren. Wenn ich aber einen Mailverlauf beantworten möchte, würde ich mir doch einen Hinweis erwarten, der mich darüber aufklärt, dass ich im Begriffe bin, den Inhalt des gesamten E-Mailverlaufs an OpenAI zu senden. (Es kann sein, dass ich die Funktionsweise falsch verstanden habe, ich glaube aber nicht. Und: Spark hat in diesem Mini-Thread auf Twitter nocheinmal zum Thema – und sich auf meinen Artikel hier beziehend – Stellung genommen.)

Die KI-Funktionalität in der App mag für einige, denn das oben Geschriebene sowieso egal ist, interessant sein. Würde die KI lokal und an meinen eigenen E-Mails trainiert umgesetzt werden, wäre ich wohl hellauf begeistert (nicht von meinen alten E-Mails oder von mir, sondern von den dann wohl deutlich personalisierteren Entwürfen), so aber ist das ein Feature, das ich sehr schnell wieder deaktiviert habe. Es ist mir einfach zu gefährlich. Doch selbst wenn ich es aktiv lassen würde, so dauert das Generieren der Texte einfach zu lange und die Textentwürfe sind mir persönlich zu kalt.

Warum, Spark, warum das jetzt? 😕

Es gibt recht viele Features und Funktionen, die in Spark 3 noch fehlen. Dass sich Readdle für die KI-Integration entscheiden hat, scheint mir ausschließlich vom Motto „Ja nicht den Zug verpassen“ motiviert zu sein. So etwas ist richtig schade und lässt mich ein wenig an der zukünftigen Entwicklung der App zweifeln. Wenn der KI-Hype eine doch stringente Idee von Produktivität einfach so in der Priorität abrutschen lassen kann (und sie gewissermaßen auch konterkariert, aber das Thema wäre ein eigener Blogbeitrag), was bedeutet das dann für andere, tatsächlich notwendige oder zumindest gut nutzbare Features, die der Verbesserungen der Produktivität dienen? Werden die nicht und nicht implementiert und wir dümpeln mit hoher Erwartungshaltung weiter dahin?

Und weiter stelle ich mir die Frage: Will ich eine Software mit meinen Abogebühren unterstützen, wenn sie sich in eine Richtung entwickelt, die mir nichts bringt? Wenn sie absolut notwendige Features und Funktionen links liegen lässt, um sich aktuellen Hype-Themen zu widmen? Es schmerzt, so etwas zu schreiben, denn meiner Meinung nach ist Spark nach wie vor der einzige Client, der E-Mails tatsächlich verstanden hat. Doch so, wie die Entwicklung momentan abläuft, ist das unschön und ich will einfach nicht für ein ohnehin unnötiges und noch dazu halbseiden implementiertes Feature mit potentiell enormen datenschutzrechtlichen Gefahren jährliche Abogebühren zahlen.

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